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5 Fragen — 5 Antworten: mit Christian Lindner

28. Oktober 2015

Interview Christian Lindner
Christian Lindner
 
(1979 in Wuppertal geboren) ist ein deutscher Politiker und seit Dezember 2013 der jüngste Bundesvorsitzende in der FDP-Geschichte. wissensschule tauschte sich mit ihm über beste Bildung, Politikverdrossenheit sowie gute Gründe die FDP zu wählen aus.

 

Viele Schülerinnen und Schüler wissen nach der Schule oftmals nicht was sie machen sollen — direkt ins Studium, eine Ausbildung machen oder im Ausland erste Erfahrungen sammeln? Den eigenen Interessen folgen oder einen sicheren Weg gehen? Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Ich bin früh zuhause ausgezogen, weil ich selbst über mein Leben entscheiden wollte. Der Wunsch nach Unabhängigkeit, Freude an der Arbeit und Verantwortungsgefühl für sich und andere – hat sich bei mir früh bemerkbar gemacht. Ich habe bereits während der Schulzeit den Weg in die berufliche Selbstständigkeit gewählt, das war eine gute und lehrreiche Erfahrung. Jungen Menschen steht nach dem Schulabschluss die Welt offen. Mein Rat ist, den eigenen Weg zu suchen und zu gehen. Er sorgt für die größtmögliche Zufriedenheit im Leben, auch wenn er Niederlagen mit sich bringt. Bei mir ist es der Weg in die Politik gewesen.

 

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka will an den Schulen ein Unterrichtsfach zur Vorbereitung auf die Herausforderungen des Alltags einführen als Reaktion auf den Tweet der damals 17-jährigen Schülerin Naina. Wie ist Ihre Meinung dazu? 

Die Debatte darüber, was Schule heute vermitteln muss, ist wichtig. Ich denke dabei etwa an die Digitalisierung. Sie bietet neue Möglichkeiten für individuelles, effizienteres und motivierendes Lernen und zwar das gesamte Leben lang. Die Schüler gehen in der Pause selbstverständlich mit den neuesten Smartphones um, während im Klassenzimmer noch Kreidezeit herrscht. Auch die Wirtschaftskenntnisse müssen verstärkt werden. In NRW fordert die FDP seit Langem die Einführung des Unterrichtsfaches Wirtschaft, um Kenntnisse über unser Wirtschaftssystem und Schlüsselkompetenzen in der Verbraucherbildung zu vermitteln. Skeptischer bin ich bei den grundlegenden Herausforderungen des Alltags. Mundhygiene und Karotten schälen müssen nicht von staatlicher Seite vermittelt werden – da sehe ich die Familie Pflicht.

 

In den zurückliegenden Wochen haben Sie sich auf schulpolitische Rundreise unter dem Motto "Tag der Bildung" gemacht. Wie war Ihr Eindruck bei den besuchten Schulen und wo muss das deutsche Bildungssystem noch besser werden?

Wir Freie Demokraten treten für die beste Bildung der Welt ein. Wenn wir uns heute mit einer mittelmäßigen Bildung zufrieden geben würden, würde das morgen auch ein mittelmäßiges Leben bedeuten. Ich habe bei meiner Schultour durch NRW erfahren, wie hervorragende Bildung funktionieren kann, wenn die Konzepte stimmen. Wir haben ausgezeichnete Schulen besucht. Es ist beeindruckend, was Schulleitungen, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern sowie Schülerinnenund Schüler auf die Beine stellen. Um beste Bildung zu erreichen, müssen die Grundlagen stimmen: Der Unterricht muss wirklich stattfinden. Die Erfassung des Unterrichtsausfalls ist dabei ein wichtiges Thema. An Gymnasien in NRW kann regelmäßig verbindlicher Pflichtunterricht nicht erteilt werden, weil tausende Lehrerstellen fehlen. Die Inklusion und die Integration der Flüchtlingskinder stellt Schulen vor weitere Herausforderungen, die nur mit ausreichenden Ressourcen und klaren Standards zu meistern sind. Die Schulen müssen im digitalen Zeitalter ankommen, doch der Einsatz von Smartphones oder Tablets, die Schüler bereits besitzen scheitert viel zu oft, weil Schulen kein WLAN haben. Aber eine Schule ohne WLAN ist wie ein Auto ohne Motor. Wir wollen, dass kein Schüler die Schule und kein Lehrer die Uni verlässt, ohne „digital native“ zu sein.

 

Sie sind mit 16 Jahren in die FDP eingetreten und waren im Dezember 2013 der jüngste Bundesvorsitzende der FDP Geschichte. Weniger als acht Prozent der Abgeordneten im Bundestag sind unter 35 Jahren - in der Bevölkerung kommt diese Altersgruppe auf 35 Prozent. Eines der großen Probleme unserer Zeit scheint zu sein, dass junge Menschen nicht daran glauben, politische Entwicklungen beeinflussen zu können. Auch die hohe Wahlverdrossenheit bei den letzten Landtagswahlen zeigt ein stark abnehmendes Politikinteresse innerhalb der Gesellschaft - was läuft falsch in unserem Land? 

Ich bin besorgt über die Entwicklung. In Deutschland scheint Nichtwählen bei manchen sogar als chic zu gelten, während Millionen Menschen weltweit davon träumen, einmal in ihrem Leben in freier und geheimer Wahl die Richtung ihres Landes mitzubestimmen. Stattdessen empören sich Wutbürger über die Entscheidungen der Politik, pöbeln anonym im Netz und schrecken nicht einmal vor Anschlägen zurück. Die Schuld den Bürgern zuzuschieben, wäre zu leicht. Aber betrachten wir mal die Entscheidungen der Großen Koalition. Das Rentenpaket mit der Rente mit 63, von der nur eine einzige Generation gut ausgebildeter männlicher Facharbeiter profitiert, ist ein Wahlgeschenk, das die nachfolgenden Generationen Milliarden kostet. Das Jahrhundertprojekt Energiewende droht zu scheitern, die Kosten für den teuren nationalen Alleingang zahlen die Bürger mit jeder Stromrechnung. Die EEG-Umlage erreicht im nächsten Jahr einen neuen Rekordwert. Bei den Investitionen in die Zukunft bei Bildung, bei dem Ausbau der Breitbandnetze, bei einer tragfähigen Verkehrsinfrastruktur ist die große Koalition dagegen ganz klein. Der Zick-Zack-Kurs der Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik sorgt für große Verunsicherung bei den Menschen. Im Bundestag fehlt eine liberale Stimme der wirtschaftlichen Vernunft, die sich für die Mitte unserer Gesellschaft und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes einsetzt. Deshalb ist es mein Ziel, die FDP 2017 wieder in den Bundestag führen.

 

Wenn Sie die Möglichkeit hätten jungen Menschen klar zu machen, warum sie ausgerechnet die FDP wählen sollten, welche Argumente und welche Werte würden Sie hier ins Feld führen? Wofür steht die neue FDP unter der Führung von Christian Lindner?

Wir setzen auf Bildung, wirtschaftliche Vernunft und Freiheitsrechte in einer offenen und toleranten Gesellschaft. Bildung, weil sie den Einzelnen in die Lage versetzt, das Leben selbstbestimmt zu führen. Wirtschaftliche Vernunft, weil wir für die Enkel einen handlungsfähigen Staat und die Chance auf Wohlstand garantieren müssen. Und bürgerliche Freiheitsrechte, weil wir unsere Privatsphäre schützen und nicht bevormundet und bespitzelt werden wollen. Für eine Generation, die mit Facebook aufwächst, spielt diese Frage eine ganz neue Rolle. Wir sind das Kontrastprogramm zu der Sozialdemokratisierung des Bundestags auf der einen und den Wutbürgern a la Pegida auf der anderen Seite.

Veröffentlicht am 28.10.15

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Wie sagte schon Bacon: „Wissen ist Macht!“
*Francis Bacon, 1561 - 1625, Philosoph & Jurist
 

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