Jetzt zum Newsletter anmelden und nichts mehr verpassen!
Jetzt zum Newsletter anmelden!

5 Fragen — 5 Antworten: mit Prof. Justus Haucap

21. April 2016

Justus Haucap-wissensschule-interview

Professor Justus Haucap (1969 in Quakenbrück geboren) ist ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler. Von 2006-20014 war er Mitglied und 4 Jahre lang Vorsitzender der Monopolkommission. Seit Anfang 2015 ist er Dekan an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. wissensschule tauschte sich mit ihm über das Studienfach "Recht und Wirtschaft", den Gustav-Stolper-Preis sowie das Fußballspiel am Sonntag zwischen Eintracht Braunschweig gegen FC St. Pauli aus.

 

Viele Abiturienten wissen nach der Schule oftmals nicht, wohin für sie die Reise geht — direkt ins Studium, eine Ausbildung machen oder im Ausland erste Erfahrungen sammeln? Den eigenen Interessen folgen oder einen sicheren Weg gehen? Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Ich hatte das Glück, ausgemustert zu werden und konnte direkt an die Uni gehen. Ich wollte unbedingt etwas Neues machen und bin auch gleich zuhause ausgezogen und nach Saarbrücken gegangen, das war über 500km von zuhause entfernt. Dass ich mich für Ökonomie entschieden habe, war ein gewisser Zufall. Ich fand auch Soziologie und Geschichte spannend, aber von Geschichte wurde ich durch das viele Auswendiglernen in meiner Schule abgeschreckt. Über wirtschaftliche Zusammenhänge wusste ich wenig, fand das aber spannend, daher habe ich mich dann für VWL entschieden, zum Glück. Die ultimative Begeisterung für VWL kam aber erst, als ich dann ein Jahr in den USA war, an der University of Michigan. Ganz allgemein waren gerade die ersten Semester sehr hart, das Abitur war ein kompletter Witz dagegen. Die Anforderungen an der Universität sind viel höher, das sollte man nicht unterschätzen. Ich würde niemandem empfehlen, etwas zu machen, das einen nicht interessiert. Am besten ist man meist in den Dingen, die einem auch wirklich Spaß machen. Daher würde ich definitiv den eigenen Interessen folgen, auch wenn das riskanter sein mag. Wer nie aufs Tor schießt, wird auch keines machen!

 

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka will an den Schulen ein Unterrichtsfach zur Vorbereitung auf die Herausforderungen des Alltags einführen als Reaktion auf den Tweet der damals 17-jährigen Schülerin Naina. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Ich wünsche mir ein Studienfach „Recht und Wirtschaft“, aber nicht unbedingt „Alltagskunde“. Denn ich bin durchaus der Meinung, dass viele Menschen zu wenig darüber wissen, wie unser Rechtssystem und unsere Wirtschaft funktionieren. Das ist bedauerlich, weil beides sehr wichtig für unser Zusammenleben ist. Wie man ein Bankkonto eröffnet oder eine Versicherung abschließt, können die Leute durchaus selbst lernen. Mir geht es eher darum, ein Verständnis für wirtschaftliche und rechtliche Zusammenhänge zu wecken. Aber wir haben an den Schulen noch immer einen sehr starken Fokus auf Naturwissenschaften. Biologie, Physik, Chemie und auch noch Geographie. Über Sozialwissenschaften (Ökonomie, Soziologie, Psychologie u.a.) lernen die Schüler kaum etwas. Ein Abiturient kennt heute zwar die DNA von Schimpansen, weiß aber nicht, was das Bruttosozialprodukt eigentlich ist oder wie unser Geldsystem funktioniert. Das erscheint mit nicht mehr zeitgemäß für einen mündigen Bürger.

 

Junge Menschen über ökonomische Zusammenhänge aufzuklären, halten wir für eine gebotene Selbstverständlichkeit an und in unseren Schulen. Warum ist es bisher noch immer nicht gelungen, ein bundesweit eigenständiges Schulfach "Wirtschaft" zu etablieren? 

Schulen und die für Lehrpläne zuständigen Kultusministerien sind sehr träge und langsame Institutionen, leider. Meine Kinder schleppen auch noch gefühlte 20 kg an Schulbüchern mit sich herum. Warum gibt es das nicht längst alles auf Tablets oder elektronischen Lesegeräten wie Kindle etc. ? Öffentliche Institutionen wie Behörden sind leider weder besonders innovativ noch besonders an den Wünschen der „Kunden“ interessiert. Das ist ein Dilemma unseres Bildungssystems.

 

Sie wurden unlängst auf der Jahrestagung des Vereins für Socialpolitik mit dem Gustav-Stolper-Preis 2015 ausgezeichnet. Können Sie uns bitte den Gustav-Stolper-Preis kurz erläutern und uns mitteilen, wofür Sie ihn erhalten haben?

Der Gustav-Stolper-Preis soll hervorragende Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen auszeichnen, die mit ihren Erkenntnissen die öffentliche Diskussion über wirtschaftliche Zusammenhänge beeinflusst haben. Benannt ist die Auszeichnung nach dem österreichischen Volkswirt Gustav Stolper (1888-1947), der sich als Ökonom, Journalist und Politikberater einen Namen gemacht hat.

Der Verein für Socialpolitik wurde 1873 gegründet und ist eine der ältesten Ökonomen-Vereinigungen in Europa. Die rund 3800 Mitglieder des Vereins stammen zum größten Teil aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Zu ihnen gehören mehr als 1200 Hochschulprofessoren.

Ich habe den Preis speziell für mein öffentliches Engagement in Fragen der Wettbewerbspolitik erhalten. Wettbewerb bedeutet immer, dass Menschen Wahlmöglichkeiten haben und nicht einem Unternehmen ausgeliefert sind. Deshalb ist mir das Eintreten für Wettbewerb so wichtig, er macht die Menschen unabhängig.

 

Sie sind profilierter und ambitionierter Wirtschaftswissenschaftler, der in aktuellen Debatten "klare Kante" redet. Als Privatperson sind Sie aber auch bekennender Fußball-Fan vom FC St. Pauli. Zufälligerweise bin ich seit meiner Kindheit bekennender Fan von Eintracht Braunschweig. Am Sonntag treffen nun beide Mannschaften in Braunschweig aufeinander, wagen Sie eine Prognose?

Eintracht Braunschweig hat aktuell den besseren Lauf, 11:0 Tore in drei Spielen! Das wird schwer für meinen FC. Aber St. Pauli hat am Wochenende im Gegensatz zu Eintracht Braunschweig kein Logo der BILD-Zeitung auf dem Ärmel. Das wird sicher belohnt, daher gewinnt St. Pauli mit 2:1.


Anmerkung der Redaktion, Frage 5: Das Spiel zwischen der Eintracht aus Braunschweig und dem FC St. Pauli endete 0:0

Veröffentlicht am 21.04.16

Nichts mehr verpassen!

Einfach für unseren Newsletter anmelden!
Jetzt anmelden!
Wer sollte diesen Beitrag nicht verpassen?
Jetzt teilen via

Wie sagte schon Bacon: „Wissen ist Macht!“
*Francis Bacon, 1561 - 1625, Philosoph & Jurist
 

neu aus dem Blog

Zu unseren Partnern gehören

rocketmagnifiercrossmenu