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ASB Wünschewagen

17. August 2016

Sterben gehört zum Leben, Sterben ist Leben, Leben im Übergang. Heute eher die Ausnahme war doch Jahrhunderte lang Sterben und Tod eine Angelegenheit der Familie. Die Begleitung und Hilfe im Sterbeprozess galt wie selbstverständlich zu ihren Aufgaben. Heute wird Sterben und Tod aus der gesellschaftlichen Wahrnehmung ausgeklammert und aus dem familiären und häuslichen Bereich ausgegrenzt. Eine Konsequenz dieser Entwicklung ist die Anonymisierung und Tabuisierung dieser Themen in der Gesellschaft. Sie sind durch Ohnmacht und Hilflosigkeit charakterisiert. Dazu gehört auch, dass Gespräche mit Bezugsperson über Zweifel, Sinnfragen und Ängste in Bezug auf den eigenen Tod alles andere als selbstverständlich sind. Aus diesem Grund ist das vorherrschende Gefühl zu diesem Thema vor allem Furcht. Da ist zum einen die Furcht des Sterbenden, die oft mit Schmerzen verbundene Belastung der letzten Phase nicht zu ertragen oder auch den Angehörigen zur Last zu fallen. Die Furcht der Angehörigen liegt häufig darin, die Belastung der Versorgung liebender Angehöriger nicht gewachsen zu sein. Und dabei geht es nicht nur um die Unterbringung, die emotionale Zuwendung, die Körperpflege oder um das Lindern von Schmerzen, sondern auch - und das ist eine Errungenschaft der letzten Jahrzehnte - darum die spezifische personelle Würde durch die möglichst lange Erhaltung der Autonomie, des Stolzes und der Hoffnung zu ermöglichen.

Fürsorge am Lebensende und die Aufrechterhaltung der Autonomie sterbender Menschen - dies ist das Kernanliegen des Ehrenamtsprojektes Wünschewagen vom Arbeiter-Samariter-Bund Ruhr e.V.

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Gerade nämlich in der Zeit des Abschieds, in der Nähe so entscheidend ist, treten besondere Wünsche in den Vordergrund. Sei es, das letzte Mal das Meer zu sehen oder einen Ausflug mit der Familie zu unternehmen: Viel zu häufig sind die Träume nicht zu realisieren, da Angehörige oftmals überfordert sind und sich der Situation, einen bald sterbenden Menschen bei seinem Wunsch adäquat zu befördern und zu betreuen, nicht gewachsen fühlen. Häufig stellen Krankentransporte in der letzten Lebensphase für die Betroffenen und ihre Angehörigen eine große organisatorische und finanzielle Belastung dar; die Betroffenen sind in den meisten Fällen nur noch liegend transportierbar und bedürfen während der Fahrt medizinisch-pflegerischer Betreuung. Daher ist ein Transport in einem PKW oder mit dem Taxi nicht mehr möglich. Die Kosten für eine „private“ - also therapeutisch nicht notwendige - Fahrt im Krankentransportwagen können jedoch von Kranken- und Pflegekassen nicht übernommen werden.

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Der ASB RV Ruhr versteht es als seine Aufgabe, Menschen in einer solchen Situation zu unterstützen. Das Projekt Wünschewagen ist ein Ehrenamtsprojekt. Geschulte freiwillige Helfer übernehmen die Durchführung und die pflegerische Betreuung während der Wunschfahrt. Das Projekt Wünschewagen ist für jeden Menschen bestimmt. Ob junge oder ältere Menschen in der letzten Lebensphase: Jeder soll die Möglichkeit auf die Erfüllung seiner Wünsche erhalten. Für den Fahrgast und eine Begleitung (wenn gewünscht) entstehen keine Kosten, weder für die Fahrt noch für etwaige Aktivitäten vor Ort. Das Projekt Wünschewagen erfüllt Menschen aus ganz NRW Wünsche. Die Wunschorte kennen dabei aber keine (Landes)Grenzen. Mit Hilfe eines speziell umgebauten Krankentransportwagens werden die Fahrgäste an ihre Wunschzielorte gebracht. er Wünschewagen ist ein eigens für dieses Projekt optimierter, moderner Krankentransportwagen. Neben der aktuellsten notfallmedizinischen Grundausstattung steht in ihm vor allem eine angenehme und entspannte Atmosphäre für den Fahrgast im Mittelpunkt. Eine Rundum-Verglasung für den Panorama-Blick auf die Umgebung zählt genauso zum besonderen Ambiente des Wagens wie ein in sich stimmiges Gesamtkonzept aus Licht und Farben, das auf die persönlichen Vorlieben des Fahrgastes abgestimmt werden kann.

Selbstverständlich bietet der Wünschewagen auch Raum für den Lebenspartner/die Lebenspartnerin oder eine andere Begleitperson sowie für die obligatorische medizinische und pflegerische Betreuung durch unsere geschulten Mitarbeiter.

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Dabei wird das Projekt, welches seinen offiziellen Start im September 2014 hatte, mittlerweile von 135 Ehrenamtlichen unterstützt. Bei jeder Fahrt ist mindestens ein freiwilliger Helfer mit der Qualifikation des Rettungssanitäters oder Rettungsassistent bei der Fahrt dabei. Der zweite freiwillige Helfer verfügt über medizinisch-pflegerische Fachkenntnisse.

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Das Projekt startete mit der bescheidenen Zielsetzung, einen Pool von geschulten Ehrenamtlichen zu akquirieren, die mit einem umgebauten Krankentransportwagen Wünsche erfüllen. Ein Jahr und 90 durchgeführte Fahrten später hat sich das Projekt zu einer echten Erfolgsstory entwickelt und steht vor der bundesweiten Umsetzung! Bereits im Dezember 2015 ist der Wünschewagen auch in Schleswig-Holstein gestartet und im Jahr 2016 folgten und folgen unter anderem Wünschewagen in Bayern, Berlin, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Baden-Württemberg etc.

So unterschiedlich die Menschen sind, genauso unterschiedlich sind auch die Wünsche, die an das hauptamtliche Projektteam herangetragen werden. So konnte einer jungen Frau mit ALS im Endstadium ein gemeinsamer Urlaub mit 4-jähriger Tochter und Schwester auf Borkum ermöglicht werden. Ein 13-jähriger Junge mit schwersten körperlichen und geistigen Behinderungen und seine Mutter konnten am jährlichen Sommerfest der deutschen Kinder Hospizvereins Recklinghausen teilnehmen. Durch die schwere Erkrankung des Jungen und der finanziellen Bedürftigkeit der Familie leiden Mutter und Geschwister unter sozialer Isolation. Die Fahrt zum Sommerfest war daher für alle ein besonderes Ereignis, das ihnen in guter Erinnerung bleiben wird. Im Jahr 2015 wurde einem schwerkranken Mann die Fahrt zu einem Fußballspiel seiner Lieblingsmannschaft Borussia Mönchengladbach ermöglicht. Hier hatte er auch die Möglichkeit den Nationalspieler Kristoph Kramer kennenzulernen. Ein häufig geäußerter Wunsch ist eine letzte Fahrt ans Meer. Anfang 2015 durfte das Ehrenamtsteam des Wünschewagen ein Ehepaar nach Domburg an das Meer fahren und erfüllten ihnen somit einen sehnlichen Wunsch, genauso wie auch einer 40 jährigen Dame, die an Brustkrebs erkrankt war. Diese konnte mit ihrer besten Freundin und ihrem Sohn zwei Tage an der See verbringen. Neben der Sehnsucht das Meer zu sehen, erreichen das Team des Wünschewagens aber auch sehr wenig aufwendige Wunschanfragen. Hierzu gehört der Wunsch vom Hospiz noch ein letztes Mal in die eigene Wohnung zu kommen, sich von dem eigenen Ehepartner oder den eigenen Kindern im geschützten Raum zu verabschieden, oder aber an der Kommunion oder der Hochzeit des eigenen Sohnes oder der eigenen Tochter anwesend zu sein. Und dabei wird so oft deutlich, welche Kräfte Menschen, die sich auf der Schluss-Etappe ihres Lebens befinden für diese Wunschfahrt noch mobilisieren konnten. Das Team des Wünschewagens sieht sich als Ergänzung der Arbeit von Hospizen, Pflegeeinrichtungen oder Palliativstationen in Krankenhäusern. Das Projekt setzt nämlich genau da an, wo die Möglichkeiten dieser Einrichtungen und auch der Angehörigen aus personellen oder finanziellen Begrenzungen enden. Er leistet einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Selbstbestimmung und Würde bis zum Lebensende. Dabei haben die Pioniere des Projektes bewusst auch ein gesellschaftliches Thema aufgegriffen. Sterben und Tod in die Öffentlichkeit zu bringen, den Umgang hiermit zu diskutieren. Wann könnte dies aktueller sein, als in der jetzigen Debatte um Sterbehilfe in Deutschland?

Kontakt

ASB Ruhr e.V.
Projekt Wünschewagen

Richterstr. 20-22
45143 Essen

wuenschewagen@asb-ruhr.info
www.wuenschewagen.com

facebook/wuenschewagen.com

0201/870010
0201/8700199

Veröffentlicht am 17.08.16

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Wie sagte schon Bacon: „Wissen ist Macht!“
*Francis Bacon, 1561 - 1625, Philosoph & Jurist
 

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