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Onlineunterricht für kranke Schüler - Bismarckschule Memmingen/Bayern

26. März 2012

1) Ablauf des Projektes

Die Bismarckschule Memmingen ist eine innovative Hauptschule in Bayern, die sich besonders auf dem Gebiet der Schulentwicklung und dem Einsatz der elektronischen Medien regional und überregional einen Namen gemacht hat.

Im Schuljahr 2008/09 besuchten 7 systemisch kranke Schüler eine 5. Klasse, davon 4 schwerkranke. Da diese hohe Absenzzeiten aufwiesen, startete der Klassenlehrer Ulrich Eckstein ein Online-Projekt. Unterstützt wurde er hierbei von dem Arbeitskreis „Virtueller Krankenhausunterricht“, dem Kinderkrebszentrum Augsburg und dem „Bunten Kreis“, ebenfalls Augsburg. Wenn die Schüler nicht in die Schule kommen können, kommt halt die Schule zu ihnen, nämlich in Form eines Dsl-Livestreams, mit dem der Unterricht aus der Klasse direkt ins Kinderzimmer übertragen wird. Nach Möglichkeit werden über einen mobilen Laptop mit Beamer, Tablet-PC, Kamera und Speakerphone täglich eine oder mehrere Unterrichtseinheiten übertragen, je nach der momentanen Belastbarkeit der Kinder.

Dieser Livestream wird über eine Einzel- oder Konferenzschaltung gesendet. Parallel zu dem Onlineunterricht für kranke Schüler wurde der Kontakt zur Astrid-Lindgren-Schule in Kempten (Sonderförderzentrum) vertieft. Seit Juni 2009 begegneten sich hier online 2 Klassen, die sich so austauschen und gemeinsam lernen konnten. Nachdem die medienrechtliche Seite abgeklärt wurde, votierten alle Eltern für die Durchführung des Projekts „Online-Unterricht für kranke Schüler“.

 


Foto: Peter Chott / Teilnahme eines Schülers am Onlineunterricht via WLAN

 

2) Ausblick

Im November des Schuljahres 2009/10 wird zusätzlich noch im Klassenzimmer eine spezielle IP-Kamera angebracht. Diese verfügt über eine „PTZ“ Funktion. P bedeutet „pan“, also waagrechte Schwenks, T bedeutet „tilt“, also senkrechte Schwenks. „Z“ steht für „zoom“. Die Zoomfunktion der ausgesuchten IP-Kamera ist so gut, dass man von der Rückwand des Klassenzimmers aus das Tafelbild heranzoomen und gut lesen kann. Dem Schüler ist es so möglich, Unterrichtsergebnisse in sein Heft zu übertragen. Diese Kamera wird eigenständig, also unabhängig vom Programm, im Internet eingebunden und ist auch von außerhalb mit dem Internet Explorer ansteuerbar. Das bedeutet, dass die Kinder die Kamera von ihrem Zimmer aus steuern und bewegen, dem Unterrichtsgeschehen jederzeit folgen und in Gruppenarbeitsphasen die ihnen zugewiesene Gruppe schnell kontaktieren können. Bei einem Krankenhausaufenthalt oder während einer Rehamaßnahme wird so via IP-Kamera der Kontakt zu den Mitschülern aufrechterhalten.

So geht der Schüler vor:

  1. Die Adresse der Kamera wird dem Teilnehmer von der Schule mitgeteilt: http://.....
    Sie wird über einen DynDNS Account generiert.
  2. Der Schüler erhält einen Benutzernamen und ein Passwort, das ihm die Schule zuteilt und ihm somit den Zugang zum Klassenunterricht ermöglicht.
  3. Er loggt sich mit diesen Daten ein und kann dann auf die Kamera zugreifen, sie steuern und am Unterricht teilnehmen.
  4. Die Eltern und der Schüler müssen vorher schriftlich versichern, aus Datenschutzgründen Benutzername und Kennwort nicht an andere weiterzugeben. So bleibt er Unterricht in einem geschlossenen Raum.

Möglicherweise wird ein Whiteboard die technischen Möglichkeiten unseres Projektes erweitern. Mit unserer Partnerklasse des SFZ in Kempten wollen wir gemeinsame Unterrichtsprojekte planen und gestalten und probeweise online gemeinsame Lernzielkontrollen durchführen.

Wenn die erkrankten Schüler einmal unsere Schule verlassen haben, soll dieses Klassenzimmer für Videokonferenzen mit anderen Schulen und Bildungseinrichtungen im Rahmen eines Comeniusprojektes genutzt werden. So können durch die weltweite Vernetzung der Schulen neue Kontakte aufgebaut und gepflegt werden. Dies eignet sich sowohl für Hauptschulen, als auch für Förderzentren.

 

3) Ziele des Onlineunterrichts

Mit diesem Projekt soll gewährleistet werden, dass sich die Wissenslücken der Kinder nicht permanent vergrößern, die soziale Anbindung an die Klasse nicht verloren geht, die Schüler nicht ausgegrenzt werden und eine gewisse Bildungschancengleichheit gewährleistet wird. Dadurch gelang es uns, dass sich die Klasse als Einheit von behinderten und gesunden Schülern verstand. Außerdem wurde so vermieden, dass sich die betroffenen Kinder separieren, sie waren das ganze Jahr ein untrennbarer Teil von uns, und das hat sich auch bei ihnen nachhaltig eingeprägt. Die Neuformulierung der UN-Konvention für die Rechte behinderter Schüler in Bildungseinrichtungen (März 2009), nach der jeder Schüler ein Anrecht darauf hat, eine öffentliche Schule zu besuchen, war maßgeblich wegweisend für unser Projekt: Nicht die behinderten Schüler müssen sich den Verhältnissen an unserer Schule anpassen, sondern die Schule muss umgekehrt sich an den Befindlichkeiten der betreffenden Schüler orientieren. Inklusion statt Integration! Mit unserem Projekt haben wir einen kleinen Beitrag dazu geleistet, schwerst behinderte Schüler in eine Regelschule einzubetten.

4) Einsatz der Technik, Verwendungsmöglichkeiten

Das beschriebene technologische Equipment dient im gewöhnlichen Schulalltag dazu, den Unterricht des Klassen-oder Fachlehrers in das Kinderzimmer des erkrankten Schülers zu übertragen. Dies sollte mehrmals in der Woche geschehen. Während einer Fortbildungswoche in England Ende November 2009, gelang es mir, eine Unterrichtsstunde, die ich hielt, von England aus in das Klassenzimmer der 6b nach Memmingen zu übertragen. Kleinere Probleme, wie der Echoeffekt beim Ton, oder ein verschwommenes Bild konnten vor Ort mittels Audio-und Videosetting schnell behoben werden, auch während der Videokonferenz. Eine Englischlehrerin begrüßte meine Klasse und stellte den Kindern einfache Fragen. Das bedeutet, dass man  Native Speaker in den Englischunterricht einbauen kann und die Schüler so der Originalsprache begegnen. Voraussetzung ist, dass man vorher Kontakte zu geeigneten Schulen herstellt und pflegt. Zusammenfassend kann die Technik in folgenden Bereichen eingesetzt werden:

  • Begegnung mit anderen Klassen im In-und Ausland ( hier muss auf den Zeitunterschied in den Ländern geachtet werden, maximal 3 Stunden, problematisch sind deswegen Konferenzen mit Kanada oder den USA)
  • Gemeinsame Projekte durchführen
  • Teilnahme als Zuschauer an einer Unterrichtsstunde, z.B. in Englisch (geeignet wäre hierfür eine Grundschulklasse aus England)
  • Begegnung und erster Erfahrungsaustausch von Klassen, die gemeinsam an einem Comeniusprojekt arbeiten

Von großer Bedeutung ist der Einsatz einer geeigneten Software für die Konferenzen. Die Schüler sollten eine eigene ID und ein Passwort bekommen, die bei dem Login einzugeben und nur ihnen zugänglich sind.
So soll gewährleistet werden, dass die Übertragung in einem geschlossenen Raum stattfindet. In meinem Fall habe ich mich für „Vidsoft“ entschieden. ID und Passwort wurden mir und den erkrankten Schülern vom „Bunten Kreis“ aus Augsburg mitgeteilt, einer Organisation, die eng mit der dortigen Kinderkrebsklinik zusammenarbeitet. Der Einsatz von Skype ist ebenfalls möglich, doch weniger sicher.

5) Personelle Ausweitung des Online-Unterrichts und Medienresonanz

Ab Schuljahr 2009/10 wird dieses Vorhaben von einem Kollegen des Sonderförderzentrums Kempten unterstützt, der am Donnerstag für je 4 Stunden zum Einsatz kommt. Als Pilotprojekt einer Kooperation von Hauptschule und Förderzentrum wurde dies von der Regierung von Schwaben genehmigt. Komplettiert wird die intensive Betreuung durch die Mitarbeit unserer Praktikanten von der FOS, sozialer Zweig, die ganzjährig beim Gelingen des Projektes aktiv mithelfen. So unterstützen optimal verzahnt 2 Kooperationsprojekte unseren Onlineunterricht, die zusätzliche Synergieeffekte schaffen und zum Gelingen unseres Projektes erheblich beitragen.

Detaillierte Informationen finden Sie auf der HP unseres Fördervereins unter dem Begriff „Onlineunterricht“.

Das überdurchschnittlich große Medieninteresse, u.a. Features von SAT 1 Bayern, dem Bayerischen Rundfunk und Antenne Bayern, sowie Berichte und Zeitungsartikel in ganz Deutschland über den Deutschen Depeschendienst (ddp) und die Deutsche Presseagentur (dpa) bezeugen, dass die Wahrung der Chancengleichheit schwerkranker Schüler in der deutschen Bildungslandschaft immer mehr in den Focus der breiten Öffentlichkeit gerät. Durch die Neufassung der UN-Konvention für Behinderte ist dies auch dringend notwendig.

Falls sich jemand von Ihnen entschließen sollte, ein derartiges Projekt bei ähnlichen Rahmenbedingungen durchzuführen, berate ich Sie gerne. Kontaktieren Sie mich !

6) Impressum

Schule:
Bismarckschule Memmingen
Skt.-Josefs-Kirchplatz 1
87700 Memmingen
Tel: 08331/ 965201
Idee, Planung und Durchführung:
  • Ulrich Eckstein, Bismarckschule Memmingen, Uleckstein@t-online.de
Aktiv ins Projekt eingebunden:
  • Benjamin Schneider, Astrid-Lindgren-Schule Kempten
  • Praktikanten der FOS Memmingen, sozialer Zweig, ganzjährig
Support:
  • Rektor Eberhard Koch, der mir mit Rat und Tat zur Seite stand. Danke 😉
  • Volker Nitsche-Lorenz, SFZ Augsburg Nord
  • Melanie Lambacher, „Bunter Kreis“ Augsburg
  • Kinderkrebszentrum Augsburg
  • Arbeitskreis „Virtueller Krankenhausunterricht“
Sponsoren:
  • Sparkasse Memmingen
  • Förderverein der Bismarckschule Memmingen e.V.
  • Roundtable Memmingen (Finanzierung der IP-Kamera)
  • Elefantenapotheke Memmingen

7) Projektentwicklung in Tabellenform

18.12.2008 Kontaktaufnahme mit dem Arbeitskreis „Virtueller Krankenhausunterricht“ an der Akademie Dillingen
21.01.2009 Herr Nitsche-Lorenz vom SFZ 2 Augsburg Nord installiert die notwendige Video-Chat Software
10.02.2009 Lieferung von Tablet-PCs und einem hochwertigen Speakerphone, Einkauf von Kameras für die Schüler , Einsatz des mobilen Lehrer-Laptops mit Beamer für das Projekt
20.03.2009 Feinabstimmung des Systems durch Herrn Nitsche-Lorenz und Herrn Eckstein, Testen des Speakerphones
25.03.2009 Vorbereitung für den ersten Live-Chat
26.03.2009 Erster erfolgreicher Live-Chat mit dem SFZ 2 Augsburg Nord (Herr Nitsche-Lorenz) mit dem Klassenlehrer der 5b, Begrüßung durch Rektor Herrn Koch und Konrektorin Frau Holzer
05.05.2009 Geplanter Elternabend als Live-Chat und 3-er Konferenzschaltung zwischen Memmingen, Augsburg und Dillingen, Erklärung der Technologie (gesicherte Verbindung mit Passwort und spezieller ID ), Antwort auf Fragen der Eltern, Diskussion. Abklärung der medienrechtlichen Bestimmungen, Einverständniserklärung der Eltern für die Übertragung von Ton und Bild ihrer Kinder
07.05.2009 Herr Schütz von der Sparkasse Memmingen überweist für das Projekt  250 Euro.Vielen Dank!
18.05.2009 18.05.2009
22.06.2009 Besuch eines Redakteurs der Memminger Zeitung, der sich unseren Online-Unterricht anschaut und einen Artikel darüber schreibt. Konferenz mit einem Mitschüler und dem Kinderkrebszentrum Augsburg
29.06.2009 Interview mit Antenne Bayern ( Herr Wittmann, Herr Koch, Herr Eckstein) Sendetermin 30.Juni 2009, Anfrage von dpa zu diesem Projekt
30.06.2009 Ankündigung eines Features von der Nachrichtenagentur ddp
05.07.2009 SAT 1 Bayern dreht einen Film in der Klasse und in der Wohnung eines ins Projekt eingebundenen Schülers
11.07.2009 Feature des Bayerischen Rundfunks, Bayern 1 durch Herrn Schlosser
15.07.2009 Anfrage des Internetportals „Wissensschule.de“, Angebot ein Profil dieses Projektes einzustellen
28.10.2009 Vortrag bei "Roundtable Memmingen" über das Projekt (H. Eckstein)
Roundtable Memmingen übernimmt die Finanzierung der IP kamera. Vielen Dank!
19.11.2009 Übertragung einer Englischstunde aus Bedgebury/England in die 6b nach Memmingen
20.11.2009 Übertragung einer Konferenz mit unserer Kooperationsklasse von Bedgebury/England aus nach Kempten in die Astrid Lindgren Schule, Klasse B8

 

Ulrich Eckstein, geändert am 27. November 2009
Kategorie:
Veröffentlicht am 26.03.12

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Wie sagte schon Bacon: „Wissen ist Macht!“
*Francis Bacon, 1561 - 1625, Philosoph & Jurist
 

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