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5 Fragen — 5 Antworten: „Besser Internate?“

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Wohin geht die Reise mit den deutschen Internaten? War die Euphorie vor gut 5-6 Jahren noch sehr hoch, deckungsgleich mit hohen Anmeldezahlen bei den Schülern, so sieht die Welt der Internate mittlerweile nicht mehr ganz so rosig aus. Rückläufige Anmeldezahlen und auch Schließungen von Internaten sind mittlerweile gelebte Realität. Wissensschule tauschte sich hierzu mit Direktor Peter Broeders aus.

 

Herr Broeders würden Sie sich bitte unserer Leserschaft einmal kurz vorstellen? 

Seit fast drei Jahren bin ich Direktor der Stiftung Collegium Augustinianum Gaesdonck, der Internatsschule am Niederrhein. Auf unserem Campus gibt es ein Gymnasium, ein Internat, eine Kunstschule, eine Musikschule, eine Junior Business School und eine Vielzahl an Sporteinrichtungen. Ich bin Niederländer, verheiratet und Vater von vier Kindern. Als ich mir damals über die Stelle an der Gaesdonck Gedanken gemacht habe, hat vor allem die besondere, gute Atmosphäre vor Ort mich überzeugen können. Jetzt leite ich diese Bildungseinrichtung gemeinsam mit unserer Schulleiterin, Frau Mann, und unserem Internatsleiter, Herrn Kisters.

Viele Eltern, die ihre Kinder an einer Privatschule oder an einem Internat anmelden, versprechen sich eine möglichst gute Startposition ins Berufsleben. Aber auch der Wunsch nach einer konfessionellen oder reformpädagogischen Ausrichtung, kleinere Klassen, bessere Ausstattung und individuellere Betreuung werden hier pro Internat ins Feld geführt. Was zeichnet Ihrer Meinung nach Privatschulen insgesamt und das Collegium Augustinianum Gaesdonck im Besonderen aus? 

Selbstverständlich geht es der Familie zunächst um einen guten Schulabschluss. Und tatsächlich erlangen viele unserer Schülerinnen und Schüler ein gutes Abitur. Das hat mit pädagogischem Konzept und mit pädagogischer Qualität zu tun. Kleine Klassen sind dafür aus unserer Erfahrung heraus nicht unbedingt wichtig. Eine individuelle Internatsbetreuung sowie die gute Ausstattung sind natürlich hilfreich.

Bildung heißt auch, den Menschen in die Bedeutung der Wirklichkeit einzuführen. Und dazu können Privatschulen aufgrund einer klaren Eigenprägung, die von einer bestimmten Weltorientierung ausgeht, einen besonders wertvollen Beitrag leisten. So wird an einer katholischen Internatsschule wie der Gaesdonck die pädagogische Arbeit vom christlichen Welt- und Menschbild geprägt. Ein gutes Internat bietet außerdem die Vorteile eines integrierten Bildungsangebots und der klaren Strukturen. 

Was ist dran an der Mär, Privatschüler seien die besseren Schüler und weisen auch die besseren Noten vor? 

So pauschal möchte ich das nicht sagen. Es gibt auch gute öffentliche Schulen und es gibt auch Kolleginnen und Kollegen an öffentlichen Schulen, die tolle Arbeit leisten. Wichtig ist, dass ein Kind an einer Schule ist, die für dieses individuelle Kind die richtige Schule ist. Familien sollen sich zuvor ausreichend orientieren. Und dann bin ich vom Angebot der Gaesdonck schon überzeugt.

Von welchen Ländern könnte Deutschland etwas  über den Umgang mit Privatschulen lernen und warum ist das so? 

Wichtig ist wohl, dass Deutschland den Weg zu einer einheitlichen Bildungspolitik finden wird. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind meines Erachtens in dieser Zeit von einer immer weitergehenden Internationalisierung nicht mehr zeitgemäß. In meinem Heimatland, den Niederlanden, bekommen die Privatschulen die gleiche Finanzierung aus der öffentlichen Hand wie die öffentlichen Schulen. Das zeigt schon, wie groß die Wertschätzung der Arbeit der privaten Schulen dort ist.

Zur Zeit profitieren britische Internate von der Bildungspanik deutscher Eltern. Deutschlandweit stehen nicht nur reformpädagogische und konfessionelle Internatsschulen in einem Umbruchprozess. So gibt es weniger Anmeldezahlen im Bereich der fünften bis siebten Klassen in vielen Internaten. Worin  liegen hier die Gründe und sind nicht auch Veränderungen in den Familiensystemen bzw. Veränderungen im Elternverhalten  Gründe dafür, dass Eltern ihre Kinder nicht mehr so gerne früher gehen lassen?

Man soll wohl auch nicht vergessen, dass der Ruf von Internaten durch traurige Geschichten aus der Vergangenheit beschädigt worden ist. Jetzt geht es darum das Vertrauen zurück zu gewinnen. Außerdem sind Familien kleiner geworden und konzentriert vieles sich auf das eine Kind oder die zwei Kinder. Wir hören aber von mancher Familie, die sich für einen Internatsaufenthalt an der Gaesdonck entschieden hat, dass das Familienleben in den Ferien und an den Heimfahrtwochenenden, dadurch an Qualität gewinnt: die Zeit miteinander verläuft entspannter und man hat wirklich Zeit für einander. Wir wollen ja die elterliche Erziehung nicht ersetzen, sondern ergänzen. Außerdem bietet ein Internatsaufenthalt die Chance, mit Gleichaltrigen auf zu wachsen und zu lernen, wie man in der Gemeinschaft Verantwortung übernimmt.

Das Motto Ihrer Website lautet: „Du bist uns wichtig“. Wie wird Ihr Motto praktisch gelebt?

Als ich gerade zur Gaesdonck gekommen war, fragte ich unsere Schulleiterin: was zeichnet die Gaesdonck eigentlich aus. Sie sagte: „Wir kümmern uns“. Und Sie hat recht: unsere Schülerinnen und Schüler sind keine Nummern, sondern individuelle junge Menschen. Darauf ist unsere pädagogische Arbeit eingerichtet. Das hat natürlich mit unserer Ausrichtung und mit unserem Menschenbild zu tun. Jeder Mensch ist von Gott geliebt, und soll seine eigenen Talente entdecken und entfalten können. Dazu gibt es auch das breite Bildungsangebot auf unserem ansprechenden Campus.

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