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Wie Inklusion gelingen kann

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„Mitten drin statt nur dabei!“- dieser einprägsame Slogan der Aktion Mensch beschreibt kurz und bündig, worum es bei Inklusion geht. Menschen mit Handicaps am gesamten gesellschaftlichen Leben – und damit auch am Bildungsprozess - nicht nur zulassen und erdulden, sondern ganz konkret mitnehmen und beteiligen. Dieses Verständnis von Inklusion ist von der UN, dem Bundestag und den bundesdeutschen Landesparlamenten politisch gewollt und gesellschaftlich geboten.

Können unsere Schulen diesem Anspruch gerecht werden? Nein, wenn wir die traditionelle Schule vor Augen haben. Ja, wenn wir bereit sind, eine andere Schule zu denken und Schritt für Schritt umzusetzen.

Etwas zu hoch aufgehängt? Nein, Inklusion an der Regelschule ist mehr als eine Reform der Schule. Es geht dabei um eine Revolution. Damit Inklusion im schulischen Alltag gelingen kann, müssen viele gewohnte Wege verlassen, muss eine veränderte Sicht von Unterricht und Schule Raum greifen. All das ist in dem eher trägen System Schule gar nicht so einfach.

Inklusion beginnt im Kopf. Im Kopf der Verantwortlichen im Bildungssystem und derer, die Schule vor Ort täglich organisieren und realisieren.

Seit vielen Jahren beobachten wir an den Schulen, dass bereits die ersten Klassen immer heterogener werden. Die kognitiven Unterschiede, die sprachlichen Kompetenzen, die sozial emotionalen Verhaltensmuster gehen immer weiter auseinander. Die steigende Anzahl von Kindern mit Migrationshintergrund stellt viele Schulen vor zusätzliche Herausforderungen.

Diese vorgefundene Heterogenität verlangt nach Individualisierung und Differenzierung. Mit den traditionellen Unterrichtsformen, mit Lernen im Gleichschritt wird man diesen Kindern nicht gerecht.

All das gilt auch für Kinder mit Handicaps. Sie erweitern die schon bekannte Heterogenität nochmals. Gegner der Inklusion an der Regelschule skizzieren an dieser Stelle gerne das mehrfachbehinderte Kind, das wegen des notwendigen Pflegeaufwandes doch unmöglich dort angemessen beschult werden kann. Das ist in einigen besonderen Fällen sicher richtig. Also doch weiterhin Exklusion an Förderzentren statt Inklusion an Regelschulen?

Nein, denn extreme Ausnahmen, die es gibt, können nicht als Diskussionsgrundlage für Inklusion dienen. Für die muss die geeignete Schule sorgfältig ausgesucht werden.

Wie kann Inklusion von Kindern mit Handicaps an der Regelschule gelingen? Ein hundertprozentiges Erfolgsrezept gibt es, wie nirgends im Bereich Erziehung und Bildung, natürlich auch hier nicht. In all den Jahren, in denen wir an unserer Schule Kinder inklusiv beschulen haben sich aber einige „Gelingungsfaktoren“ herausgebildet. Hier kurz skizziert:

 

Die inklusive Schule ist eine andere Schule. Die Gestaltung von Unterricht, die Auswahl bestimmter Methoden, die Art und der Einsatz der Lernmaterialien, die Gestaltung der Lernumgebungen, die Präsenz der Sonderpädagogik, all das verändert sich. Und diese Veränderungen nutzen allen Schülern der Schule. Die inklusive Schule ist eine „bessere Schule“.

Dass Inklusion eine riesige Herausforderung ist, die derzeit an manchen Schulen ob deren Ausstattung, personellen Versorgung, strukturellen Hemmnissen kaum erfolgreich zu stemmen ist, bleibt unbestritten. Zu warten, bis sich die Rahmenbedingungen verbessert haben ist aber auch keine Lösung. Übergangs- und Zwischenlösungen sind notwendig.

Die inklusive Schule gibt der alten Forderung nach einer völlig veränderten, praxisbezogeneren Lehrerausbildung nochmals mehr Gewicht.

Die positive Veränderung im sozialen Miteinander an der Schule, die notwendigen fruchtbaren Diskussionen innerhalb des Kollegiums über die Qualität von Unterricht und über die gemeinsamen Erziehungsziele, das genauere Hinschauen auf die Unterschiedlichkeit der Schüler, das wachsende Gespür für kleine Veränderungen und Fortschritte bei einzelnen Schülern lohnen die Mühe, um sich auf den Weg zu einer inklusiven Schule zu machen.

 

Ottmar Misoph, Schulleiter der Grund- und Mittelschule Thalmässing

www.vs-thalmaessing.de

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