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5 Fragen — 5 Antworten mit Florence Brokowski-Shekete

31. August 2022
Credit: Tanja Valérien

Credit: Tanja Valérien

Florence Brokowski-Shekete (1967 in Hamburg geboren) ist die Tochter nigerianischer Eltern und wuchs in Buxtehude bei einer Pflegemutter auf. Nach dem Abitur studierte sie Lehramt und arbeitete als Lehrerin. Ende der 1990er-Jahre machte sie sich mit einer Agentur für internationale Kommunikation selbstständig, für die sie bis heute nebenberuflich tätig ist. Sie kehrte in den Schuldienst zurück, wurde Schulleiterin, Schulrätin und ist heute in Mannheim die erste und einzige Schwarze Schulamtsdirektorin Deutschlands.

Die Frage, was man nach der Schule vorhat, nervt nicht nur die Abschlussklassen. Mit der Antwort „Irgendetwas mit …....“ zählen einige Schüler schon zu den Entschlossenen. Den eigenen Interessen folgen oder einen sicheren Weg gehen? Wozu würden Sie jungen Menschen heute raten?

Jeder Mensch sollte seinen Beruf mit Freude und Zufriedenheit ausüben. Aus dem Grund halte ich es für wichtig, seine eigenen Interessen zu kennen und zu prüfen, in welchem Beruf sich diese wiederfinden lassen. Das wird nie zu 100% umsetzbar sein. Auch wird heutzutage niemand mehr in dem Beruf in den Ruhestand gehen, in dem die Berufstätigkeit begann.

Durch den Tweet der damals 17-jährigen Schülerin Naina, in dem der Wunsch nach "mehr lebensnahem Unterricht" geäußert wurde und Themen wie z.B. Steuern, Miete und Versicherungen mit behandelt werden sollten, wird die Diskussion um die Wissensvermittlung an unseren Schulen wieder neu befeuert. Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema, bereitet Schule zu wenig auf das Leben vor?

In der Tat sollte an allen Schularten ein größerer Fokus auf einen lebensnahen Unterricht gelegt werden. Dazu gehören u. a Steuern, Miete, Versicherungen und das Wissen, was ein Brutto- und Nettoeinkommen ist. Ebenso sollten Fächer, wie Technik und Hauswirtschaft an allen Schularten vertreten sein. Wenn das einzige Werkstück, das ein Abiturient/eine Abiturientin im Laufe der weiterführenden Schulzeit hergestellt hat, ein kleines Holzblöckchen ist, bedarf es meiner Meinung nach einer Nachbesserung.

Es sind die abwertenden Blicke im Bus, die rassistischen Rufe im Fußballstadion aber auch die als Kompliment gemeinte Aussage wie "Du sprichst aber gut Deutsch". Eines haben diese Beispiele gemeinsam: Starre, althergebrachte Einordnungen werden bemüht, um Menschen nach Ethnien, Nationen, Kulturen oder Rassenkonstruktionen in Schubladen einzusortieren. Hier werden Menschen in Gruppen eingeteilt, und zwar in „wir“ und „sie“. Worin liegt dieses Verhalten begründet und ist dies in Deutschland besonders ausgeprägt?

Zunächst ist es m. M. nach ein urmenschliches Phänomen, dass Menschen einen Ort der Zugehörigkeit und gleichzeitig der Abgrenzung suchen. Besonders im Zustand eines vermeintlichen Mangels und der Angst, man könnte von etwas nicht genug bekommen, verstärkt dieses Verhalten. Außerdem hat Lob, besonders vergiftetes Lob, das keine Anerkennung darstellt, etwas von Macht und Überlegenheit.

Rassistische, diskriminierende Äußerungen sind nicht nur von der älteren Generation zu hören, sondern genauso von jungen Menschen. Sollte Ihrer Meinung nach dem Thema stärker in der Schule verankert werden und wie schafft man es jungen Menschen klarzumachen, sich davon zu distanzieren?

Diskriminierungssensibilität hat in den Schulen auf jeden Fall wesentlich stärker verankert zu sein. Das setzt jedoch voraus, dass zunächst das pädagogische Personal durch Aus- und Fortbildung ein fundiertes Wissen sowie eine grundlegende Bewusstseinserweiterung erfährt. Ehrlich gesagt habe ich den Eindruck, dass Kinder und junge Menschen diesbezüglich bereits eine große Offenheit zeigen, die durch Erwachsene nicht zerstört werden darf. Im Gegenteil habe ich den Eindruck, dass die Erwachsenen zum Teil von der Y und Z Generation sehr viel lernen kann.

In Ihrem Buch Raus aus den Schubladen! – Meine Gespräche mit Schwarzen Deutschen (Orlanda Verlag 2022), werden 12 Schwarze Deutsche aus verschiedensten Berufen vorgestellt, die über ihren Alltag sowie über ihre gemachten Erfahrungen als Schwarze Menschen in Deutschland berichten. Dient dieses Buch unter anderem auch dazu, betroffenen Menschen 12 Vorbilder zu präsentieren, an denen man sich ein Stück weit orientieren kann? Vorbilder sind für einige Menschen durchaus hilfreich.

Jeder Mensch benötigt Orientierungsunterstützung, auch wenn sich manche dies nicht eingestehen möchten. Es braucht Repräsentationsfiguren und positive Vorbilder, die zeigen, dass Dinge möglich sind. Meine 12 Biografien sind genau diese Figuren, die Afro-Deutschen jungen Menschen ermutigen und stärken sollen, ihren Weg zu gehen. Es soll sie unterstützen, aus Stolpersteinen Stufen zu bauen, auf die sie weiter vorankommen können. Es soll ihnen den Halt und Selbstvertrauen geben.

Veröffentlicht am 31.08.22

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Wie sagte schon Bacon: „Wissen ist Macht!“
*Francis Bacon, 1561 - 1625, Philosoph & Jurist
 

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