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5 Fragen — 5 Antworten: Mit Lutz Goebel

31. Januar 2017

Lutz Goebel (1955 in Siegen geboren) ist seit 2011 Präsident des Verbands DIE FAMILIENUNTERNEHMER  sowie geschäftsführender Gesellschafter der Henkelhausen Unternehmensgruppe. wissensschule tauschte sich mit ihm über praxisnahen Unterricht, digitales Lernen an unseren Schulen sowie mehr Autonomie und Entscheidungsfreiheit für die Schulen aus.

Lutz Goebel-interview

Die Frage, was man nach dem Abitur vorhat, nervt nicht nur die Abschlussklassen. Mit der Antwort „Irgendetwas mit ...“ zählen einige Schüler schon zu den Entschlossenen. Direkt ins Studium, eine Ausbildung machen oder im Ausland erste Erfahrungen sammeln? Den eigenen Interessen folgen oder einen sicheren Weg gehen? Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Jungen Menschen stehen heute alle Türen offen. Die Optionen sind wahnsinnig vielfältig. Da eine Entscheidung zu treffen, ist nicht leicht. Wichtig ist, sich darüber bewusst zu werden, wo die eigenen Stärkenliegen und was man gerne tut. Hilfreich sind auch Berufsberatungen und Gespräche mit Menschen, die den ins Auge gefassten Beruf ausüben. Für mich stand damals sehr schnell fest, dass ich unternehmerisch tätig sein wollte. Mein Vater war Unternehmer und die Gespräche mit ihm haben mich geprägt.

Durch den Tweet der damals 17-jährigen Schülerin Naina, in dem der Wunsch nach "mehr lebensnahem Unterricht" geäußert wurde und Themen wie z.B. Steuern, Miete und Versicherungen mit behandelt werden sollten, wird die Diskussion um die Wissensvermittlung an unseren Schulen wieder neu befeuert. Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema?

Der Tweet hat damals eine wichtige Debatte angestoßen. Und natürlich: Vielen Schülern fehlt wirtschaftliches Wissen. Wie funktionieren Zinsen? Wie sind Verträge ausgestaltet? Wie funktioniert die Börse? Solche praktischen Fragen gehören genauso dazu wie Unternehmens-gründungen etc. Dazu braucht es ein eigenständiges und flächendeckendes Fach Wirtschaft an allen weiterführenden Schulen, vermittelt durch ausgebildete Fachlehrer.

Es klingt paradox: Einerseits bilden immer weniger Unternehmen aus, andererseits suchen viele Betriebe händeringend Bewerber. Viele Unternehmen sowie Personalverantwortliche  beklagen aber auch schon seit Jahren einen Mangel an Allgemeinbildung sowie fehlendes bzw. rudimentäres Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge bei Schulabgängern. Wo muss hier aus Ihrer Sicht gegengesteuert werden?

Wir Familienunternehmer sind die Ausbilder der Nation. Wir stellen rund 80 Prozent der Ausbildungsplätze in Deutschland. Und ja, es wird immer schwieriger, geeignete Auszubildende zu finden. Neben vielen, die gut vorbereitet sind, gibt es auch einige, denen häufig mathematische Kenntnisse, sprachliches Ausdrucksvermögen, Sozialkompetenzen oder Leistungsbereitschaft fehlen. Immer mehr Familienunternehmen bieten ihren Auszubildenden daher betriebliche Nachhilfe an. Doch auch hier sind die Schulen gefragt. 

Unsere Wirtschaft ist geprägt von Schnelllebigkeit, einer Verkürzung der  Produktlebenszyklen sowie der Digitalisierung von Produktionsprozessen. Unser Bildungssystem ist geprägt von Unbeweglichkeit, länderübergreifendem Bildungsfürstentum sowie unterbelichteter IT-Wissensvermittlung. Ist unser Bildungssystem wirklich so großartig, wie uns Politiker das glauben lassen?

Unser Bildungssystem ist nicht schlecht, vor allem im internationalen Vergleich. Aber natürlich gibt es Luft nach oben. Die Digitalisierung, die in der Wirtschaft bereits angekommen ist, muss auch Einzug in die Schulen halten. Der Staat muss die Infrastruktur für digitale Bildung und digitales Lernen bereitstellen. Darüber hinaus müssen auch die Lehrpläne angepasst werden. Datenschutz, das Verhalten in einer virtuellen Welt, der Umgang mit digitalen Informationen - das alles sind Kenntnisse, die bisher noch viel zu wenig in Lehrplänen verankert sind.

Staatliche Organisationen wie Kindergärten, Schulen und Universitäten stehen immer noch viel zu sehr unter dem direkten Einfluss der Ministerial- und sonstigen Bürokratie.  Sollten hier nicht alle staatlichen Bildungseinrichtungen volle Entscheidungskompetenz über Personalfragen, Sachmittel und Bildungsprozesse bekommen, damit wir insgesamt zu einer besseren Qualität kommen?

Absolut. Ein Großteil der Schulen ist von Vorgaben und Verordnungen der Ministerien oder Schulbehörden abhängig. Der einzelnen Schule oder dem einzelnen Lehrer wird oft zu wenig zugetraut. Das führt zu Demotivation. Die Schulen brauchen mehr Autonomie und Eigenverantwortung. Probleme sollten dort gelöst werden können, wo sie anfallen: vor Ort. Größere Entscheidungs- und Gestaltungsspielräume könnten ein entscheidender Schritt sein, um unser Bildungssystem besser zu machen.


Foto: Maria Schulz

Veröffentlicht am 31.01.17

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Wie sagte schon Bacon: „Wissen ist Macht!“
*Francis Bacon, 1561 - 1625, Philosoph & Jurist
 

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