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5 Fragen — 5 Antworten mit Professor Ernst-Peter Fischer

29. Juni 2022

Bild: Philipp Rothe

Professor Ernst-Peter Fischer (1947 in Wuppertal geboren) ist ein diplomierter Physiker, promovierter Biologe, habilitierter Wissenschaftshistoriker, ausgezeichneter Buchautor sowie Wissenschaftsvermittler.

Die Frage, was man nach der Schule vorhat, nervt nicht nur die Abschlussklassen. Mit der Antwort „Irgendetwas mit …....“ zählen einige Schüler schon zu den Entschlossenen. Den eigenen Interessen folgen oder einen sicheren Weg gehen? Wozu würden Sie jungen Menschen heute raten?

Ich würde fragen, worüber sich jemand gerne unterhält, im Freundeskreis oder auf einer Party zum Beispiel. Wenn er oder sie gerne über dem Himmel spricht, könnte Astronomie sich lohnen. Wenn sie oder er vor allem über historische Entwicklungen redet, käme Geschichte in Frage. Mit diesem Party Test kann man herausfinden, was einen oder eine beschäftigt. Wenn sich da nichts zeigt, würde ich auf keinen Fall mit einem Studium beginnen und Däumchen drehen lernen.

Durch den Tweet der damals 17-jährigen Schülerin Naina, in dem der Wunsch nach "mehr lebensnahem Unterricht" geäußert wurde und Themen wie z.B. Steuern, Miete und Versicherungen mit behandelt werden sollten, wird die Diskussion um die Wissensvermittlung an unseren Schulen wieder neu befeuert. Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema, bereitet Schule zu wenig auf das Leben vor?

Die Schule liefert keine Berufsausbildung und fördert Kulturfähigkeit. Es geht um das Leben mit Freunden und die Möglichkeit, mit ihnen Gespräche zu führen – über Kunst, Geschichte, Wissenschaft, Reisen, Sprachen und so fort. Das gehört zum Leben, auf das die Schule vorbereiten kann, egal, welchen Beruf man ausübt.

Naturwissenschaften zählen bei Schülerinnen und Schülern nicht unbedingt zu deren Lieblingsfächern.  Liegt es dabei unter anderem auch daran, dass sie mit völlig veralteten Lehrmaterialien und mit Experimenten konfrontiert werden, die mit ihrer Alltagsrealität nichts zu tun haben und was müsste hierzu im Unterricht verbessert werden, um die Attraktivität der NW zu verbessern? 

Naturwissenschaft wird von Menschen gemacht, und die Schule scheint das zu ignorieren. So wie Romane oder Dramen von Dichterinnen und Dichtern stammen, stammen naturwissenschaftliche Einsichten von Chemikerinnen und Physikern und so weiter. Wenn man sie vorstellt und ihr Leben mit der historischen Epoche verknüpft, in der zum Beispiel Albert Einstein und Lise Meitner gearbeitet haben, wird die Wissenschaft lebendig, vor allem, wenn man den Mut hat, auch vom Scheitern der Großen zu sprechen.

Schaut man sich die täglichen mitunter hirnlosen Fernsehsendungen auf den meisten Kanälen an, beobachtet man die Menschen in der Öffentlichkeit beim daddeln, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass immer mehr Menschen verblöden. Verführen die naturwissenschaftlichen Errungenschaften nicht auch gerade dazu, sie lediglich zu nutzen sich aber mit deren Zustandekommen nicht auseinander zu setzen?

Es sind die Designer der Apparate, die versuchen, alles wie Magie aussehen zu lassen. Dabei besteht für die Schule die Chance, gerade die Zauberkünste zu analysieren, wobei ich dringend rate, erst einmal einfache technische Fragen zu klären: Wie fährt ein ICE los? Und wie funktionieren seine Bremsen? Wie funktioniert die Zeitlupe bei einem Film? Was kann eine Fernbedienung? Und immer an Einstein denken: Sollen sich alle schämen, die sich der Wunder von Wissenschaft und Technik bedienen und nicht mehr davon verstehen als die Kuh von der Botanik der Pflanzen, die sie mit Wohlbehagen frisst. Will jemand wirklich als konsumierende Kuh durchs Leben laufen? 

Eines der für mich nachhaltigsten Zitate von Albert Einstein ist folgendes: „Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt“ Wie interpretieren Sie dieses Zitat?

Ist der Satz tatsächlich nachhaltig? Stammt er überhaupt von Einstein? Die Antwort lautet in beiden Fällen NEIN. Abgesehen davon charakterisiert es den Menschen, dass er Grenzen überwinden will, auch die des gegenwärtigen Wissens. Menschen können nicht wissen wollen, wie Robert Musil geschrieben hat. Es mag sein, dass sie nicht viel wissen, aber eines wissen sie doch, dass sie mehr wissen wollen. Die Phantasie kann dabei helfen.

Veröffentlicht am 29.06.22

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Wie sagte schon Bacon: „Wissen ist Macht!“
*Francis Bacon, 1561 - 1625, Philosoph & Jurist
 

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