5 Fragen — 5 Antworten mit Uli Kunz
Uli Kunz (1975 in Offenburg geboren) ist ein deutscher Meeresbiologe, Forschungstaucher, sowie Buchautor und Moderator. Forscher wie er zeigen uns, wie viel Unbekanntes es unter dem Meeresspiegel zu entdecken und zu bestaunen gibt.
Die Frage, was man nach der Schule vorhat, nervt nicht nur die Abschlussklassen. Mit der Antwort „Irgendetwas mit …....“ zählen einige Schüler schon zu den Entschlossenen. Den eigenen Interessen folgen oder einen sicheren Weg gehen? Wozu würden Sie jungen Menschen heute raten?
Wie soll man einen Job gut erledigen, wenn man keine eigenen Interessen daran hat? Wer für etwas brennt, wer eine Leidenschaft hat, wird über einen gewissen Zeitraum den richtigen Weg finden. „Irgendetwas mit…“ ist dabei tatsächlich schon ein guter Hinweis. Durch eine Ausbildungs- oder Studienberatung kann man das „irgendetwas“ sicherlich schon besser eingrenzen und dann den wichtigsten Schritt gehen: Erst einmal anfangen! Denn nur, wer sich mit viel Geduld an die Arbeit macht oder etwas Neues erlernt, wird nach einiger (oder längerer) Zeit auch gut darin werden.
Durch den Tweet der damals 17-jährigen Schülerin Naina, in dem der Wunsch nach "mehr lebensnahem Unterricht" geäußert wurde und Themen wie z.B. Steuern, Miete und Versicherungen mit behandelt werden sollten, wird die Diskussion um die Wissensvermittlung an unseren Schulen wieder neu befeuert. Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema, bereitet Schule zu wenig auf das Leben vor?
Da bin ich schon viel zu lange aus der Schule raus, als dass ich diese Frage beantworten könnte. Für mich war Schule (damals…) hervorragend. Viel Zeit für eigene Hobbies, gute Entfaltungsmöglichkeiten, soziales Erleben. Steuern, Miete und Versicherungen spielten erst später eine Rolle. Das konnte ich mir dann auch noch beibringen. Bei meinen Vorträgen an Schulen erzählen mir Schülerinnen und Schüler häufig, dass ihnen konkrete Beispiele aus der Praxis oder dem Berufsleben fehlen. Das könnte sicher durch Praktika oder durch häufigere Besuche von Forschern wie mir ergänzt werden.
Tote Korallenriffe, Überfischung der Meere, Versauerung des Wassers und große Mengen Plastikmüll zeichnen ein trostloses Bild unserer Ozeane. Welches Szenario zeichnen Sie für den Zustand unserer Weltmeere in den nächsten 20 Jahren?
Wir haben schon viele Arten verloren und werden weitere verlieren, einige Lebensräume wie die Korallenriffe werden weiterhin verschwinden und großen Schaden nehmen, die Flut aus Plastikmüll wird zunehmen. Den gesunden Zustand der Ozeane vor dem zerstörerischen Einfluss der Menschheit werden wir nicht wiederherstellen können. An dieser Realität geht nichts vorbei. Wunder werden nicht passieren. Aber das heißt nicht, dass wir durch unser Handeln nicht wichtige Ökosysteme erhalten und auch deren Zustand wieder verbessern können. Denn es geht um nichts anderes als unsere eigene Lebensgrundlage. Es liegt in unserer Hand.
5 Tage lang standen der Zustand und der Schutz der Weltmeere im Mittelpunkt der Ozeankonferenz in Lissabon. Ausrichter und Teilnehmer der Konferenz sowie Umweltschutzorganisationen kommen zu unterschiedlichen Abschlusserklärungen. Wie fällt Ihr Fazit aus, sind die Weltmeere noch zu retten und wo muss der Hebel angesetzt werden?
Wir haben schon bei Corona gesehen, dass die Welt sich niemals einig sein wird. Leider wird es auch bei Umweltauflagen immer Ärger geben. Trotzdem gibt es weiterhin wichtige Stellschrauben, mit denen wir die Lebensräume im Ozean erhalten können und an denen wir festhalten müssen. Hier ist eine Auswahl:
- Einschränkung bzw. Ende der Massentierhaltung
- Übergang zu einer pflanzlichen Ernährung, auch mit Algen
- Massive Regulierung der Fischerei
- Ausweiten der Meeresschutzgebiete, in denen sich Arten erholen können
- Regulierung der Plastikproduktion und Ersetzen von erdölbasierten Kunststoffen durch neue Materialien, gewonnen z.B. aus Algen
Die Fakten zu den einzelnen Punkten sind bekannt, die Auswirkungen bewiesen. Die Umsetzung wird allerdings sehr lange dauern, da es sich um harte Eingriffe in jahrzehntealte Verhaltensweisen handelt, die besonders die Industrie ungern möchte.
Als Meeresbotschafter sind Sie auch in Schulen unterwegs und halten dort Vorträge. Gerade die jungen Menschen sind ja dem Thema Umwelt- und Klimaschutz gegenüber sehr aufgeschlossen und setzen an ihren Schulen auch eigene Projekte zum Klimaschutz um. Welche persönlichen Eindrücke nehmen Sie bei Ihren Vorträgen in Schulen mit?
Bei den ganzen schlechten Nachrichten aus den Ozeanen verlieren junge Menschen offensichtlich manchmal den Mut, etwas zu tun. Aber unser Einsatz zählt! Dabei ist es wichtig, dass Menschen aus verschiedenen Berufen in die Schulen kommen, um von den vielfältigen Zusammenhängen zu erzählen und zum Beispiel Naturschutzprojekte vorstellen. Ich habe den Eindruck, dass der direkte Kontakt und der Austausch von Ängsten, Wünschen und Erfahrungen Veränderungen anstoßen können.