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Das Meer braucht Ingenieure

15. Januar 2024
Ein ferngesteuerter Unterwasserroboter, der vollständig in Eigeninitiative einer studentischen Arbeitsgruppe entwickelt wurde. (Bild: Jan Schulz; Remotely Operated Vehicle EdVaRD der ROV-AG).

Ein ferngesteuerter Unterwasserroboter, der vollständig in Eigeninitiative einer studentischen Arbeitsgruppe entwickelt wurde. (Bild: Jan Schulz; Remotely Operated Vehicle EdVaRD der ROV-AG).

Meerestechnik –Beruf mit Zukunft

Weit mehr als 70 Prozent unseres Planeten sind von Wasser bedeckt. Unter dem größten Teil dieser Fläche findet man Wassertiefen von weit über 200 Metern. Hier dringt man in Regionen vor, in die kein Licht mehr hinabreicht, die Temperaturen auf wenige Grad Celsius abfallen und der Umgebungsdruck bis zum 1000fachen ansteigt. Aus diesem Grund sind von den mehr als 350 Millionen Quadratkilometern Meeresboden bis heute kaum 5% intensiv untersucht. Dennoch stellen diese unbekannten Gebiete mit ihren extremen Bedingungen wichtige Lebensräume für teils unbekannte Arten dar, sind Lagerstätten wichtiger Rohstoffvorkommen und haben Schlüsselfunktionen im weltweiten Klimageschehen.

Um diese Welt zu erschließen, sind Meerestechniker und Meerestechnikerinnen die zentralen Akteure. Definitionsgemäß umfasst die Meerestechnik das gesamte ingenieurstechnische Aufgabenspektrum im marinen Aktionsraum. Zentrale gesellschaftliche Themen wie die off-shore Windenergie oder auch Öl- und Gasgewinnung sind hier verortet. Aber auch weniger bekannte Tätigkeitsfelder gehören zu den Aufgaben der Meerestechnik. Dazu zählen so unterschiedliche Bereiche wie die marine Umwelt- und Sicherheitstechnik, Aqua- und Marikultur, Unterwasserplattformen und Robotik, Polartechnik, Hydrographie, Gewinnung mineralischer Rohstoffe oder alle technischen Aspekte der Meeresforschung. Schiffbau und Schiffsbetriebstechnik wird oft als eine eigenständige Disziplin gesehen und in vielen Fällen nicht zur klassischen Meerestechnik gezählt1.

Mit ihren weit gefächerten Sparten ist die Meerestechnik ein zunehmend wichtiger werdender Baustein der gesamtdeutschen Wirtschaft und bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ökologie. Mit einem gesamtökonomischen Effekt von rund 34,2 Mrd. Euro und einer Wertschöpfung von etwa 12,9 Mrd. Euro entspringen diesem Bereich etwa 180.000 Arbeitsplätze2 in Deutschland. Durch die breite Aufstellung und hohe Diversifizierung sind diese Zahlen nicht an einzelne Regionen oder Schwerpunktbranchen gebunden, sondern querschnittlich in Wirtschaft und Gesellschaft verankert. Für ein außenhandelsorientiertes Land wie Deutschland ist die Wettbewerbsfähigkeit im marinen Sektor dabei von großer Bedeutung. Hierzu definiert der Bund zentrale Ziele für koordinierte Maßnahmen, deren Umsetzung bedarfsorientiert gesteuert werden3&4. In diesem Kontext entwickelt die Meerestechnik ständig neue Lösungen für gesellschaftsrelevante Probleme unserer Zeit. Dies reicht von off-shore Energie bis hin zur Erschließung von Lagerstätten. Aber auch die Entwicklung hochspezialisierter Messtechnik und deren Einsatz in der Meeresforschung gehört zu den Aufgabengebieten. Praktische Messungen auf See dienen neben der Grundlagenforschung und einem besseren Verständnis der Meere auch zur Validierung von Daten, die z.B. durch Satelliten erhoben werden. Obgleich viele Messverfahren etabliert und standardisiert sind, gleicht kaum ein Projekt dem anderen und stets muss für neue Herausforderungen ein entsprechendes Design gefunden werden.

Gerade in den letzten Jahren entstanden in schneller Folge neue Ideen, um Informationen aus Meerestiefen zu gewinnen, die bisher nahezu unzugänglich erschienen. Innovationen auf dem Gebiet kleiner, leistungsstarker, preisgünstiger und überall verfügbarer Technologien ist dabei eine der treibenden Kräfte. Auch eröffnen Ideen aus den sogenannten Maker-Spaces und Entwicklungen auf dem Feld der Mikrocontroller völlig neue Konzepte. So können leicht reproduzierbare Unterwasserroboter in einer Weise eingesetzt und von Forschungsschiffen aus betrieben werden, wie es noch vor wenigen Jahren undenkbar schien. Kleine Flotten von Tauchrobotern eröffnen z.B. völlig neue Möglichkeiten zur Erfassung von Umweltzuständen, so wie es von gesetzgebender Seite gefordert wird. Dies lässt sich auch auf die großflächige Datengewinnung in Meeresgebieten oder die Gewinnung von Informationen aus der Tiefsee übertragen. Sowohl unter Wasser, wie auch aus der Luft heraus, können dadurch gänzlich neue Forschungsfragen formuliert werden. Die Co-Nutzung industrieller Drohnen und innovative Payload bieten skalierbare Einsatzmöglichkeiten von der Gewässerüberwachung bis hin zur Inspektion von off-shore Bauwerken.

Um dem Bedarf der nationalen Wirtschafts- und Forschungslandschaft nachzukommen, ist eine fundierte Ausbildung in den klassischen Ingenieurswissenschaften ebenso unabdingbar, wie eine umfangreiche Vermittlung der komplexen Bedingungen, die durch das Meer vorgegeben werden. Die erfolgreiche Umsetzung einer solchen Ausbildung mit begleitender Praxis für Industrie und Forschung erfordert auch den Zugang zu einer entsprechenden Infrastruktur. Vor diesem Hintergrund bietet die Jade Hochschule am Standort Wilhelmshaven seit 2010 die Möglichkeit des Bachelorstudienganges Meerestechnik. Die mit dem Standort verbundene maritime Charakteristik, die gute Vernetzung in das industrielle Umfeld prägen Forschung und Lehre auf diesem marinen Campus. Hier existiert ein solider Ingenieursstudiengang, welcher Elemente der Mechanik, Elektronik, Informatik und Robotik in den off- shore Bereich überträgt. Diese Elemente bilden die Spezialisierungsgrundlage für komplexe Tätigkeitsfelder im marinen Raum, die ebenso breit aufgestellt sind wie die Meerestechnik selbst. Dies fängt z.B. im Bereich automatisierter Systeme an und reicht weit hinein in die Entwicklung autonom agierender Tauchroboter, der sensorischen Erfassung von Umweltdaten, dem Einsatz von LoRa-Funktechnologien in Citizen Science Projekten oder der Entwicklung spezifischer Software und daraus
abgeleiteten Datenprodukten für den marinen Aktionsraum.

Neben dem Meer vor der Haustür und dem Zugriff auf verschiedene Schiffe, verfügt die Meerestechnik der Jade Hochschule auch über ein eigenes Forschungsflugzeug. Auf dem benachbarten Flughafen entwickeln Studierende eigene Sensormodule als Nutzlast und testen diese im norddeutschen Luftraum über Land und See. Hieraus sind bereits transnationale Projekte zur Messung klimarelevanter Gase und meteorologische Messkampagnen mit dem britischen Meteorological Office entstanden. Die Kooperation mit regional benachbarten Großforschungszentren, wie z.B. dem Alfred-Wegener-Institut für Polar und Meeresforschung, bietet Studierenden die Möglichkeit, aktuelle Themen und Bedürfnisse aus der Forschung kennen zu lernen, die dann ingenieurstechnisch umgesetzt werden. Vorhandene Expertise, unmittelbarer Zugang zum Meer und bezahlbarer Wohnraum machen den Standort Wilhelmshaven zu einem zentralen Ausgangspunkt für eine Karriere in der marinen Technologie und Wissenschaft. Ein anschließender Master „Marine Sensorik“, der zusammen mit der Universität Oldenburg und dem DFKI Oldenburg angeboten wird5, erlaubt dabei die weiterführende technische oder wissenschaftliche Qualifikation in der Nord-West-Region, die bis zur Promotion führen kann.

Die weltweiten Einsatzgebiete der Absolventen finden sich auf off-shore Plattformen, Forschungsschiffen, in der meerestechnischen Industrie, bei marinen Ingenieurdienstleistern oder Behörden, umfassen aber ebenso Entwicklungstätigkeiten in heimischen Zulieferbetrieben, die sich von der Küste bis in die Alpen erstrecken.

Industrielle Trägerplattform TRIAXUS. Die installierte Messtechnik wird zur Inspektion von Unterwasserpipelines oder zum Einsatz in der Meeresforschung verwendet. Das System wird hinter dem Schiff geschleppt und kann entlang des Transektes missionsspezifischverschiedene Positionen in der Wassersäule aufsuchen. (Bild: Jan Schulz; TRIAXUS an Bord des bundesdeutschen Fischerei- Forschungsschiffes Walther Herwig).

Industrielle Trägerplattform TRIAXUS. Die installierte Messtechnik wird zur Inspektion von Unterwasserpipelines oder zum Einsatz in der Meeresforschung verwendet. Das System wird hinter dem Schiff geschleppt und kann entlang des Transektes missionsspezifisch verschiedene Positionen in der Wassersäule aufsuchen. (Bild: Jan Schulz; TRIAXUS an Bord des bundesdeutschen Fischerei- Forschungsschiffes Walther Herwig).

 

Arbeit im Kontrollraum des Forschungsschiffes Heincke. Von hier aus wird jeder Einsatz eines Messgerätes verfolgt und zusammen mitdem Windenleitstand koordiniert. (Photo: Nicole Hildebrandt; Kontrollraum Heincke, Sognefjord Norwegen).

Arbeit im Kontrollraum des Forschungsschiffes Heincke. Von hier aus wird jeder Einsatz eines Messgerätes verfolgt und zusammen mit dem Windenleitstand koordiniert. (Photo: Nicole Hildebrandt; Kontrollraum Heincke, Sognefjord Norwegen).

Veröffentlicht am 15.01.24

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Wie sagte schon Bacon: „Wissen ist Macht!“
*Francis Bacon, 1561 - 1625, Philosoph & Jurist
 

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