5 Fragen — 5 Antworten mit Dr. Andreas Walter

Quelle: DWD
Dr. Andreas Walter (1964 in Frankfurt am Main geboren) ist ein deutscher Klimatologe und Pressesprecher beim Deutschen Wetterdienst. Er ist dort Experte für die konkreten Auswirkungen des Klimawandels.
Die Frage, was man nach der Schule vorhat, nervt nicht nur die Abschlussklassen. Mit der Antwort „Irgendetwas mit …....“ zählen einige Schüler schon zu den Entschlossenen. Den eigenen Interessen folgen oder einen sicheren Weg gehen? Wozu würden Sie jungen Menschen heute raten?
Auch in Anbetracht der doch recht unsicheren allgemeinen Situation würde ich immer dazu raten, den eigenen Interessen zu folgen. Im Beruf verbringt man einen Großteil seiner Lebenszeit, da ist es erfüllender, wenn es etwas ist, mit dem man sich identifizieren kann und an dem man im besten Fall auch Spaß hat. Auch die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Tätigkeit kann die Entscheidung beeinflussen und sollte das ggfls. auch. Idealerweise können alle Aspekte (Sinnhaftigkeit, Freude an der Tätigkeit und eigene Interessen) auch verbunden werden. Ein gutes Gehalt ist damit nicht ausgeschlossen.
Durch den Tweet der damals 17-jährigen Schülerin Naina, in dem der Wunsch nach "mehr lebensnahem Unterricht" geäußert wurde und Themen wie z.B. Steuern, Miete und Versicherungen mit behandelt werden sollten, wurde die Diskussion um die Wissensvermittlung an unseren Schulen wieder neu befeuert. Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema, bereitet Schule zu wenig auf das Leben vor?
Ich bin zwar schon etwas länger aus der Schule raus, habe aber im Freundeskreis meines Sohnes oft mitbekommen, das praktische Dinge, wie hier genannt, bei Jugendlich nicht so wirklich präsent sind. Insofern unterstütze ich diese Forderung. Allerdings sollten auch Deutsch und vor allem die Naturwissenschaften und Mathematik nicht vernachlässigt werden.
Der September 2023 war in Deutschland der wärmste seit Messbeginn 1881 und darüber hinaus der zweitsonnigste seit Beginn der Aufzeichnungen. Was entgegnen Sie all denjenigen, die den Klimawandel noch immer leugnen?
Kurz und knapp: der Klimawandel ist keine Glaubensfrage, sondern ein durch wissenschaftliche Tatsachen belegter Fakt.
Die Klimagefahr für deutsche Städte steigt. Die Deutsche Umwelthilfe hat in ihrem Hitze-Check 190 Städte mit mehr als 50.000 Einwohner*innen auf Flächenversiegelung und Grünausstattung analysiert. Angesichts des Klimawandels sind Grünflächen und unversiegelte Böden, wo Wasser versickern kann, besonders wichtig. Welche Maßnahmen und bundesweite Standards würden Sie von der Bundesregierung einfordern?
Es wäre sinnvoll und notwendig bei Bauvorhaben immer einen prozentualen Anteil an nicht versiegelten Flächen zwingend vorzuschreiben und auch für die Anpflanzung von Bäumen entsprechende Regelungen zu erlassen. Der Klimawandel wird insbesondere in Städten zunehmend zum Problem und ein Großteil der Bevölkerung wohnt eben in den Städten. Da haben die politisch Verantwortlichen auch eine Fürsorgepflicht der sie nachkommen müssen.
Vom Klimawandel werden aber nicht nur die Stadtbevölkerung betroffen sein, sondern alle Menschen weltweit. An die nicht zu vermeidenden Folgen des Klimawandels müssen wir uns JETZT anpassen. Insbesondere wenn man bedenkt, dass manche Anpassungsmaßnahmen, wie z.B. der Umbau der Wälder hin zu Trockenheits- und Hitzeresistenten Baumarten einen erheblichen Vorlauf bis zu ihrer Wirksamkeit benötigen.
Viele Menschen nehmen den Klimawandel so hin und versuchen auch gar nicht, mit kleinen Maßnahmen etwas dagegen zu unternehmen. Mit meinem Partner zusammen haben wir unlängst begonnen, Tiny Forests in erster Linie in Kitas und Schulen zu pflanzen. Kinder profitieren maßgeblich von den vielfältigen Möglichkeiten, die ihnen naturnahe Spiel- und Lernräume eröffnen. So können wir auch mit kleinen Schritten der Natur etwas zurückgeben, was sie uns all die Jahrhunderte bereits gegeben hat. Welche Tipps und Empfehlungen können Sie als Klimatologe gerade jungen Menschen dazu mit auf den Weg geben?
Jeder noch so kleine Beitrag zählt! Ob ich den Weg zur Schule mit dem Auto, dem Bus oder zu Fuß zurücklege, macht einen Unterschied. Ob ich viel oder wenig Fleisch esse macht einen Unterschied. Ob ich im Zimmer das Licht anlasse, wenn dort niemand ist, macht einen Unterschied.
Ob die Heizung bei geöffnetem Fenster läuft macht einen Unterschied. Es ist notwendig, jedweden unnötigen Verbrauch fossiler Energien zu vermeiden.
Nur mit beidem, Anpassung an den Klimawandel UND weitestgehender Vermeidung zusätzlicher Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre, können wir die zu erwartenden Folgen des Klimawandels abmildern.