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5 Fragen — 5 Antworten: Mit Nina Toller

10. Dezember 2018

FOTO Nina TollerIn unserer Rubrik "SCHULE_DIGITAL" wollen wir Wissensvermittler zu unterschiedlichen Themen im Bereich „Digitale Bildung“  zu Wort kommen lassen und um ihre Meinung fragen. Im Laufe des Jahres möchten wir ein kontinuierlich wachsendes Angebot an redaktionellen Beiträgen zum Thema „Digitales Lernen“ bzw. wie „Wie Digitalisierung den Unterricht verändert“ schaffen.

 

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka hat unlängst ein Angebot angekündigt, mit dem der Bund Deutschlands Schulen bei der Digitalisierung finanziell unterstützen will. Wie schätzen Sie diese Ankündigung ein, laufen wir hier nicht einmal mehr einer Entwicklung hinterher?

Selbstverständlich laufen wir einer Entwicklung hinterher. Was die Digitalisierung angeht, liegen wir im internationalen Vergleich deutlich zurück. Sonst möchte Deutschland immer auf den vorderen Plätzen sein. Warum gibt man sich bei der Bildung, besonders bei der Digitalisierung der Bildung, mit einem der hinteren Plätze zufrieden?

Die Politik ist sich sicher klar darüber, dass wir deutlich mehr tun müssen. Daher wird auch schon viel angestoßen. Auch die Initiative von Frau Wanka wird hilfreich sein, wenn es denn so umgesetzt werden kann.

In NRW gibt es das Programm „Gute Schule 2020“, das zum Ziel hat, dass alle Schulen bis zum Jahr 2020 “modernisiert” sind. Leider sind keine genaueren Vorgaben im Programm festgeschrieben, sodass viel in Sanierung und Neubau gesetzt wird. Die  Anbindung an einen Breitbandanschluss, die Versorgung mit WLAN und die Ausstattung mit digitalen Medien machen oftmals nur einen kleinen Prozentsatz aus.

Projekte dieser Art sind wichtig, werden aber nicht allein zu einer nachhaltigen Verbesserung im Bereich Digitalisierung beitragen. Vielmehr wäre eine umfangreiche Reform “aus einem Guss” wünschenswert, die sowohl die Infrastruktur der Schulen als auch die Lehrerausbildung, die Lehrpläne und die operativen Prozesse an den Schulen umfasst. 

Der Einsatz digitaler Medien an und in Schulen wird kontrovers diskutiert. Regelmäßig lesen und hören wir, dass die digitalen Medien das Lernen und Lehren massiv verändern werden. Untersuchungen gehen aber auch davon aus, dass die Medien das Lehren und Lernen nicht a priori verändern werden. Müssen wir nicht eher zu folgender Erkenntnis kommen: Nicht die Technik wird die Bildung verändern, es sind vielmehr die Menschen, die mit Hilfe von Technik die Bildung verändern können, um eine andere Lernkultur zu etablieren.

Wir Lehrer müssen neue Technologien als hilfreiches Werkzeug betrachten. Nicht als Bedrohung.  Allerdings verändern Technik und digitale Medien allein weder den Unterricht noch verbessern sie ihn in irgendeiner Weise. Daher greift der oft genannte Vorwurf, dass die Technik bald die Lehrer ersetzen könnte, überhaupt nicht. Auch mit neuen Technologien werden die Lern- und Lehrkultur und der pädagogische Ansatz im Vordergrund stehen: Wie kann ich das Lernen der Schüler mit Hilfe digitaler Medien intensivieren, vereinfachen oder bereichern?  Es geht für Schüler also nicht darum, zu wissen, welche App sie gerade benutzen, sondern vordergründig, was sie gerade lernen.

Wenn Lehrerinnen und Lehrer ihre Schüler fit machen sollen im Umgang mit neuen Medien, so muss doch offensichtlich auch die Lehrerausbildung zielführender angegangen werden. Was muss sich hier ändern?

Die Lehreraus- und vor allem auch Fortbildung ist einer der größten Knackpunkte in der gesamten Diskussion um digitale Bildung und Digitalisierung!

Selbst viele Studenten und Referendare lernen digitale Medien und das Unterrichten damit in ihrer Ausbildung überhaupt nicht kennen! Hier muss sich grundlegend etwas ändern.

NRW hat hier eine, wie ich finde, recht gute Maßnahme gefunden, an deren Umsetzung es allerdings noch hakt: Die Referendare müssen in naher Zukunft einen ihrer Unterrichtsbesuchen mit digitalen Medien gestalten. Das wird noch nicht ausreichen. Die Idee ist jedoch sehr gut. Aber es müssen dafür natürlich auch die Voraussetzungen geschaffen werden. Einerseits müssen an den Seminaren die Fachleiter gründlich fortgebildet und es muss vielleicht auf externe Fachkräfte zurückgegriffen werden.

Andererseits müssen die Lehrer an den Schulen, die die Ausbildungslehrer der Referendare sind, ganz besonders ins Blickfeld genommen werden. Ich persönlich halte es sogar für sinnvoll, eine Art verpflichtende Fortbildungsreihe für Lehrkräfte anzubieten. Man kommt um das Digitale eben nicht mehr herum und sollte sich davor nicht verschließen.

Schülerinnen und Schüler sollen lernen, selbstbestimmt mit digitalen Systemen umzugehen. Laut Bitkom begrüßen 75% der Schüler ein Pflichtfach Informatik. Was halten Sie von der Einführung eines Pflichtfachs Informatik?

Im Arbeitsleben hat die Informationstechnologie einen immer größeren Stellenwert. Auch als Konsumenten von Information ist es hilfreich, sich mit neuen Entwicklungen intensiver auseinanderzusetzen. In der Vergangenheit wurde Informatik im Wahlpflichtbereich oft eher als Nischenfach für Nerds betrachtet. Dies wird den Anforderungen der Gegenwart nicht mehr gerecht.

Eigentlich halte ich ein Fach wie Informatik für alle Schüler für sinnvoll, da ich die Inhalte dieses Faches, zumindest auf einem Basisniveau, in heutiger Zeit für unabdingbar erachte. Schüler – und übrigens auch Lehrer! – sollten ein Grundverständnis von der Technik bekommen, die sie tagtäglich einsetzen.

Für dieses Fach in der Stundentafel Platz zu schaffen und genügend Lehrkräfte “verfügbar” zu machen, ist jedoch eine schwierige Herausforderung. Das lässt sich nicht von heute auf morgen ändern.

Daher finde ich die Idee, einige Inhalte fächerübergreifend in allen anderen Fächern unterzubringen, für eine momentane, gute Kompromiss- und vielleicht Übergangslösung. So könnte man – theoretisch – die Themen jedes Faches noch intensiver vernetzen. Doch auch hier hapert es an der Umsetzung des Letzteren: Wenn die meisten Lehrer (noch) Probleme bei der Integration digitaler Medien in ihrem Unterricht haben, wie sollen sie dann Informatik-Inhalte lehren?

Wenn Sie sich den Unterricht der Zukunft vorstellen, wie sehe dieser aus?

Hier möchte ich gern auf meine Aussagen zurückgreifen, die ich schon im Kompendium “Die richtige Bildung für die digitale Welt” (http://digitaler-bildungspakt.de/kompendium/) gemacht habe: Wenn ich mir den Unterricht der Zukunft vorstelle, sehe ich Schüler, die eigenverantwortlich lernen und kollaborativ arbeiten. Dazu verfügt jede Schule über einen Breitband-Internetanschluss mit stabilem WLAN und ein Lernmanagement-System. Hier werden alle Arbeitsmaterialien abgelegt und heruntergeladen. Die Schüler nutzen ihr eigenes mobiles Endgerät und können auf Geräte zurückgreifen, die sie von der IT-Abteilung der Schule ausleihen.

Die Lehrkräfte, die bereits in ihrer gesamten Ausbildung gelernt haben, digitale Medien einzusetzen, bereiten ihren Unterricht gemeinsam in Teams vor und nutzen zur Zusammenarbeit digitale Werkzeuge.

Die schriftliche Kommunikation findet direkt und papierlos, z.B. in Lehrergruppenchats, statt.

So kann Schule tatsächlich auf das Leben vorbereiten, nämlich auf ein Leben in einer digital vernetzten Welt. Bildung 4.0 + Arbeiten 4.0 = Leben 4.0 ?


Über die Autorin Nina Toller | Ich unterrichte die Fächer Englisch, Geschichte und Latein am Franz-Haniel-Gymnasium in Duisburg. Das Unterrichten mit digitalen Medien ist meiner Meinung nach in jedem Fach möglich, sodass ich sie auch in allen drei Fächern immer mehr einsetze. Dabei setze ich insbesondere auf die Handys der Schüler gemäß des BYOD-Ansatzes ("Bring your own device").

An meiner Schule gebe ich regelmäßig kleine Smartboard-Schulungen für das Kollegium. Außerdem schreibe ich über neue Unterrichtsideen und Tipps auf meinem Blog tollerunterricht.com.

Veröffentlicht am 10.12.18

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Wie sagte schon Bacon: „Wissen ist Macht!“
*Francis Bacon, 1561 - 1625, Philosoph & Jurist
 

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