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5 Fragen — 5 Antworten mit Professorin Claudia Kemfert

1. März 2024
Foto: berlin © oliver betke

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Professorin Claudia Kemfert (1968 in Delmenhorst geboren) ist eine deutsche Wirtschaftswissenschaftlerin. Sie leitet die Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und lehrt als Professorin an der Leuphana Universität Lüneburg.

Die Frage, was man nach der Schule vorhat, nervt nicht nur die Abschlussklassen. Mit der Antwort „Irgendetwas mit …....“ zählen einige Schüler schon zu den Entschlossenen. Den eigenen Interessen folgen oder einen sicheren Weg gehen? Wozu würden Sie jungen Menschen heute raten?

Den eigenen Interessen zu folgen ist der sichere Weg. Denn nichts ist so wichtig, wie sich seine eigenen Interessen bewusst zu machen. Diesen zu folgen, ebnet einen sicheren Weg. Dabei ist es egal, ob die Interessen sich beispielsweise im Bereich des Handwerks oder in den Pflegeberufen liegen oder man sich für akademische Ausbildung entscheidet. Die Jugend heute hat das große Glück, dass wir in Zeiten von nahezu Vollbeschäftigung leben und überall händeringend Menschen gesucht werden, fast egal in welchem Bereich. Leider ist es aber auch so, dass dennoch eine unsichere Zukunft droht, da wir auch in Zeiten von multiplen Krisen leben. Der Klimawandel muss bewerkstelligt werden, wir müssen wegkommen von fossilen Energien hin zu einer echten Energiewende. Gleichzeitig nehmen Kosten und Schäden durch den Klimawandel und die Anpassung an den Klimawandel immer weiter zu. Das Artensterben nimmt rasant zu, kriegerische Auseinandersetzungen ebenso. All das wiederum wirkt sich indirekt auch auf die Wirtschaft aus. Zudem nehmen die sozialen Ungleichheiten zu, was wiederum durch Polarisierungen die Demokratie gefährden kann. Die Digitalisierung birgt zudem Unsicherheiten. Daher gibt es einerseits eine große Freiheit in der möglichen Berufswahl, andererseits kommen wahrlich unsichere Zeiten auf uns zu. Das ist Fluch und Segen zugleich. Jungen Menschen kann ich heute nur raten, ihren Interessen zu folgen, aber auch wachsam zu sein und Teil der Lösungen der multiplen Krisen zu werden.

Durch den Tweet der damals 17-jährigen Schülerin Naina, in dem der Wunsch nach "mehr lebensnahem Unterricht" geäußert wurde und Themen wie z.B. Steuern, Miete und Versicherungen mit behandelt werden sollten, wird die Diskussion um die Wissensvermittlung an unseren Schulen wieder neu befeuert. Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema, bereitet Schule zu wenig auf das Leben vor?

Die Schule bereitet durchaus auf die Herausforderungen der Zukunft vor. Es muss enorm viel Wissen vermittelt werden, das Wissen nimmt immer weiter zu. Aber es ist völlig richtig, dass ein lebensnaher Unterricht nötig ist, um die vielen komplexen Facetten des Wissens zu vermitteln. Dabei gilt es auch, Menschen für das alltägliche Leben vorzubereiten. Dabei spielen Steuern, Miete und Versicherungen eine wichtige Rolle. Generell ist das Thema Wirtschaft sehr wichtig und wird zu wenig in der Tiefe behandelt. Hinzu kommen völlig neue Themen wie der Klimawandel oder künstliche Intelligenz. Die Schule ist vor allen Dingen für die Wissensvermittlung in so vielen unterschiedlichen Bereichen verantwortlich. Sie kann und sollte indirekt auch auf das Leben vorbereiten, kann aber letztendlich nicht die volle Tiefe einer Erziehung in der Familie bzw. im Haushalt abnehmen. Es muss ein gutes Zusammenspiel zwischen Wissensvermittlung und Anwendung in der Praxis geben.

Was hat Sie persönlich dazu animiert, sich intensiv mit dem Thema zur Erforschung des Klimawandels und seinen wirtschaftlichen Folgen auseinanderzusetzen?

Mich persönlich hat immer der Wissensdrang, Wissensdurst oder Wissenshunger dazu animiert, mich mit dem Thema der Erforschung des Klimawandels und den wirtschaftlichen Folgen auseinanderzusetzen. In der Schule war das zu meiner Zeit zwar noch kein Thema, wohl aber der Umweltschutz, da in den 1970er und 1980er Jahren der saure Regen, Waldsterben, verschmutzte Luft und Gewässer eine größere Rolle gespielt haben. Recht früh zu Beginn des Studiums begegneten mir die ersten Studien über die Folgen des Klimawandels, so dass ich mich darauf stürzte. Es gab einen ersten Studiengang zur Erforschung der erneuerbaren Energien und Energiewende und bei diesen Themen bin ich bis heute geblieben. Ich habe das große Glück, die Dinge zu erforschen, die ich am spannendsten finde. Ich halte es nach Konfuzius: „Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag mehr in deinem Leben zu arbeiten.“

 Vom 30. November bis 12. Dezember 2023 fand in Dubai die 28. Klimakonferenz statt. Den Vorsitz hatte Sultan Ahmed Al Jaber, der auch gleichzeitig CEO der staatlichen Ölgesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate ist. Als Erfolge wurden die erstmalige Einigung auf Abkehr von fossilen Energien weltweit sowie die Verdreifachung von erneuerbaren Energien weltweit bis 2030 verbucht. Grund zum Feiern oder handelte es sich in Dubai um eine Greenwashing Klimakonferenz?

Ich habe die Konferenz vor Beginn und auch danach deutlich kritisiert. Eine Klimakonferenz in einem Staat stattfinden zu lassen, der seinen Wohlstand auf den Verkauf von fossilen Energien insbesondere Öl basiert, ist ein Widerspruch in sich. Der Vorsitzende der Weltklimakonferenz ist ein Öl-Unternehmer und hat kein Interesse an echtem Klimaschutz. Zwar waren die Ergebnisse am Ende weniger schlimm als befürchtet, aber dennoch nicht das, was wir anlässlich der bedrohlichen Klimakrise hätten erreichen müssen. Der Klimawandel schreitet unaufhörlich voran und wir müssen uns sehr viel schneller von den fossilen Energien verabschieden hin zu mehr erneuerbaren Energien und Energiesparen. Aufgrund der Dringlichkeit hätten die Beschlüsse von Dubai sehr viel umfassender sein müssen. Ich sehe die Konferenz daher eher als Greenwashing.

Viele Menschen nehmen den Klimawandel so hin und versuchen auch gar nicht, mit kleinen Maßnahmen etwas dagegen zu unternehmen. Mit meinem Partner zusammen haben wir unlängst begonnen, Tiny Forests in erster Linie in Kitas und Schulen anzupflanzen. Kinder profitieren maßgeblich von den vielfältigen Möglichkeiten, die ihnen naturnahe Spiel- und Lernräume eröffnen. So können wir auch mit kleinen Schritten der Natur etwas zurückgeben, was sie uns all die Jahrhunderte bereits gegeben hat. Welche Tipps und Empfehlungen können Sie als Wissenschaftlerin gerade jungen Menschen dazu mit auf den Weg geben?

Ich finde es großartig, mit einem solchen Programm wie tiny forest schon in den Kitas und den Schulen zu beginnen, Pflanzen und Bäume anzupflanzen. So wird ein Umgang mit der Natur erlernt und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass wir durch den Erhalt der Natur und der Wiederaufforstung etwas zum Klimaschutz beitragen können. Biomasse wie der Wald oder Pflanzen sind zentral für den Klimaschutz, da sie CO2 binden. Unsere Generation ist für den Klimawandel verantwortlich. Wir hinterlassen den zukünftigen Generationen eine Welt, die deutlich schlechter ist, als wir sie hätten hinterlassen dürfen. Es wäre unsere Verantwortung gewesen den Klimawandel ausreichend einzudämmen. Leider ist dies nicht gelungen. Die nächste Generation muss nun sehr viel mehr tun, um den Klimawandel einzudämmen und dazu gehört auch der Naturschutz und das wieder aufforsten. Zwar wird es uns nicht gelingen, so viele Bäume zu pflanzen, damit der Klimawandel eingedämmt wird, aber immerhin können wir dazu beitragen, dass es nicht noch schlimmer wird. Und das ist eine Aufgabe für die zukünftige Generation. Ich kann jungen Menschen nur mit auf dem Weg geben, dass sie die Belange des Umweltschutzes und des Klimaschutzes ernst nehmen und alles dafür tun, um den Klimawandel einzudämmen.

Veröffentlicht am 01.03.24

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Wie sagte schon Bacon: „Wissen ist Macht!“
*Francis Bacon, 1561 - 1625, Philosoph & Jurist
 

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