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Einbindung von digitalen Medien in das Lernen an der Freiherr – vom – Stein – Schule Neumünster

17. März 2017

Neulich wurde trefflich in einem Tweet festgestellt, dass die Notwendigkeit der digitalen Bildung und der Einzug dieser in die Bildungsinstitutionen fast gänzlich breite Akzeptanz findet. Zum Hauptauftrag von Schulen gehört es, junge Menschen darin zu begleiten, sich in einer permanent verändernden Welt zurecht zu finden. Dazu gehört es für uns auch, sich den Lebensbedingungen in einer global vernetzten Welt und dem Wandel der Berufe nicht zu verschließen und jungen Menschen zur digitalen Kompetenz zu verhelfen.  In der Zukunft, die jetzt passiert, kommt es darauf an, wie wir in den Schulen diesen Wandel gestalten und die Chancen nutzen, die er uns gibt.

Der Prozess

2012 begann der Prozess der Digitalisierung an unserer Schule. Zu Beginn ahnten wir nicht, welche umfassenden Veränderungen eintreten würden.

Der Antrag der Schüler*innenvertretung auf einer Schulkonferenz behandelte die legale Nutzung der persönlichen Smartphones in der Schule und den Wunsch, beim Lernen Musik hören zu dürfen. Das ist rückblickend gesehen spartanisch zu dem, was dieser Anstoß hervorgebracht hat.

Der Fokus der Arbeitsgruppe, die sich bildete, lag zu Beginn vor allem auf der Lebenswelt von Kindern & Jugendlichen. Dem Wunsch, eigene Smartphones in der Schule benutzen zu dürfen, wurde sehr rasch entsprochen. Ein Blick auf den Arbeitstisch, an dem wir saßen: mindestens ein Gerät pro Teilnehmendem lag darauf. Je mehr wir uns mit dem Antrag beschäftigten und diskutierten, umso deutlicher wurde: Wir leben in einer Welt, in der digitale Geräte umfänglich vorhanden sind. Eine Trennung zwischen analogem „Arbeiten gehen“ und der Freizeit, in derdigitale Geräte ganz selbstverständlich eine Rolle spielen, warzunehmend nicht mehr zu ziehen. Wenn das für uns Erwachsenen galt, galt dies schon 2012 für Heranwachsende in viel bedeutenderem Maße. Denn seit mindestens 10 Jahren wachsen die Kinder & Jugendlichen mit Smartphones auf. Eine Trennung zwischen analogem und digitalem Leben ist für sie schlicht nicht nachvollziehbar. Diese nehmen sie wahr, weil viele Eltern, andere Erwachsene und meist die Schule diese immer wieder deutlich machen und v.a. auf die Gefahren hinweisen und das analoge Erleben im Vergleichzum digitalen als „echtes“ Erleben darstellen.

Im folgenden Prozess wurde unter Partizipation der Schüler*innen, pädagogischen Fachkräfte und Eltern in der Schulordnung das Handyverbot gestrichen. An diese Stelle traten zum Schuljahr 2014/15 die „Medienregeln“, die seitdem an der FvSS gelten. Diese erlauben den fachlichen Einsatz von digitalen Geräten, aber vor allem auch das informelle Benutzen eigener Geräte in den Pausen.  (Hier nachzulesen)

Die Aufnahme in das Netzwerk der DKJS „Lernen im digitalen Alltag“ und in das„MediaMatters!“ Netzwerk der Universität Flensburg weitete den Blick. Wir trafen auf andere Schulen, die sich digital auf den Weg begaben und hatten durch Dozenten wie Prof. Dr. Stefan Aufenanger oder Prof. Dr. Birgit Eickelmann ganz entscheidende Impulse. Eine systematische, fachliche Einbindung der digitalen Medien und ihrer Anwendungsmöglichkeiten musste die nächste Etappe sein. Es bildete sich eine „Steuergruppe: Medien“, die den digitalen Prozess vorbereitet, führt und in die Schulgemeinschaft trägt.

Ebenso wie wir uns bewusst für BYOD entschieden, war schnell die Übereinkunft, dass der digitale Wandel dieser Schule alle Lerngruppen und gleichermassen alle pädagogischen Kräftebetreffen wird. Mit der Einführung der Kommunikationsplattform IServ war eine Grundlage gelegt, um den Austausch zwischen und unter Schüler*innen, Erziehungsberechtigten und Fachkräften der Schule zu gewährleisten. Für das Kollegium fanden Schulungsnachmittage zur Benutzung von IServ ebenso statt wie zum digitalen Wandel allgemein. Einen Schulentwicklungstag nutzten wir, um das Fortbildungsformat „Barcamp“ zu erleben, aus dem Kreis der Lehrerschaft praktische Impulse zu schon angewendeten Apps und digitalen Methoden zu generieren und untereinander weiterzugeben. Kollaboratives & kooperatives Lernen findet in dem Kollegium schon seit geraumer Zeit statt. Für den digitalen Prozess ist das eine gute Grundlage.

In der Praxis stellte sich IServ nicht als geeignete fachliche Lernplattform für unsere Schüler*innen dar. Für die individuellen, Kompetenzen orientierten Lernwege ist ein weniger starres technisches Gerüst notwendig. Über unsere Netzwerke kamen wir auf die derzeitige Lösung, der Joomla Homepage. Mit Starthilfe eines externen IT-Spezialisten erstellte die „Steuergruppe: Medien“eine Lernplattform.Diese stellt diemöglichen Lernwege, die bisher fast ausschließlichanalog stattfanden, digital dar. Schnell war die Frage nach der Art der Aufgabenstellung da: bloßes Digitalisieren von papiergebundenen Materialien entsprach nicht unseren Vorstellungen. Eine Chance der digitalen Bildung ist für uns, das schon seit Jahren etablierte selbstgesteuerte Lernen zu fördern. Auf der Lernplattform finden sich «große» und weite Aufgaben mit Hinweisen, Arbeitsmaterialien und Verlinkungen zu relevanten Seiten im Internet.In diesem vorbereiteten Rahmen entscheiden die Schüler*innen selbständig, welche Anregungen sie nutzen.

Überblick Lernsystem

Das Lernen an der FvSS geschieht im Rahmen von 5-wöchigen Projekten, in denen sich einem Oberthema gewidmet wird. Themen sind z.B. «Verantwortung», «Andere Menschen und ich», «Medien», «Krieg und Frieden» oder «Sich in unserer Welt bewegen». In diesen Projekten planen und reflektieren unsere Schüler*innen ihre fachlichen Ziele für dieeinzelnen Lernphasen. Jeden Tag, jede Woche und für den gesamten Projektzeitraum planen und reflektieren sie jeweils am Ende dieser Zeiträume ihre Ziele und Massnahmen. Die Schüler*innen wählen zu Beginn «Unterthemen», die sie in den einzelnen Fächern ansprechen und vernetzen die Inhalte der Fächer untereinander. In der Bearbeitungsphase haben sie analog und digital eine große Anzahl an kompetenzorientiertemMaterial zur Verfügung. Dieses ist, angelehnt an die Taxonomie der kognitiven Lernziele nach Bloom, in die Kompetenzen Wissen, Verstehen, Anwenden, Analysieren und Reflektieren aufbereitet. Die Schüler*innen wählen nun ihr Material danach aus, an welcher Kompetenz sie arbeiten wollen und auf welcher Art und Weise sie sich dem Thema nähern wollen. Die Lehrkräfte nehmen dabei eine Coachingfunktion wahr. In den Fach- und Lernberatungen werden die Schüler*innen hinsichtlich ihrer Planungen, Lernprozesse und Reflexionen individuell begleitet.

Kompetenz „Wissen“

Für den Kompetenzbereich«Wissen» können neben den analogen die verschiedenen Kanäle genutzt werden, die digitale Medien bieten.So eignen sich die Schüler*innen auf Blogs oder Internetseiten Wissen durch das Lesen an. Zunehmend kann man sich Texte auf Internetseiten ebenso durch die Audio–Funktion vorlesen lassen. Für den inklusiven Auftrag von Schule ist diese Funktion nicht irrelevant. Sie können Tutorials auf YouTubeschauen, benutzen fachspezifische Appsoder können auf vielen Internetseiten zu ihren Fragen Antworten finden. Hervorzuheben sind an dieser Stelle Wissenssendungen für Kinder & Jugendliche, die schon lange im TV gesendet werden, z.B. «Wissen macht Ah» «Checker Chan» und nicht zuletzt «Löwenzahn». Auf deren Internetseiten vereinen sich Lesen, Schauen, interaktiv sein und selbst gestalten. Dies im schulischen Repertoire anzubieten, trägt zur Bildungsgerechtigkeit bei. Nicht in jedem Haushalt, in dem Kinder aufwachsen, laufen die Sender oder sind die Internetseiten Standard, die für Kinder & Jugendliche relevante Themen qualitativ so hochwertigveröffentlicht haben. Ebenso ist das Angebot an didaktisch aufbereiteten Internetseitenzu Fachwissen riesig. Diese Menge an vorhandener Wissensaufbereitung steht in keinem Verhältnis zu dem, was Lehrkräfte allein im Unterricht vermitteln können.

Auf unserer Lernplattform finden sich die verschiedenen Linkverweise zu den passenden Themen. Diese werden aufbereitet durch Kolleg*innen der jeweiligen Fachschaft. Es ist ebenso möglich, dass die Schüler*innen eigene Wissensportale finden, die sie nutzen können. Ein Vorteil ist, dass die Schüler*innen aus dem großen Pool an Angeboten die Formate wählen können, die ihrem Bedürfnis nach der Art der Wissensaufnahme entsprechen.

Kompetenzen „Verstehen“ und „Anwenden“

Für die Kompetenzen „Verstehen“ und „Anwenden“ bieten sich die fachspezifischen Apps und Seiten an wie z.B. «learning Apps», mit deren Hilfe trainiert und geübt werden kann. In der Regel arbeiten die Apps mit sofortiger Rückmeldung über den Lernerfolg. Für den Lernprozess ist entscheidend, rasch ein Feedback überdas Geleistete zu bekommen. Klausuren etc. werden oft nach Tagen oder gar Wochen zurückgegeben. Dann ist oft eher die Bewertung von Wichtigkeit, weniger die unterlaufenen Denkfehler. Der Prozess des Erkennens ist wichtig, um noch einmal in die Arbeitsphase eintreten zu können, um zum Lernerfolg zu gelangen. Unsere Erfahrung ist, dass in den Rückmeldungen der Apps und Internetseiten die Wortwahl oder die Smileys, die verwendet werden, um einen Misserfolg mitzuteilen, oft sehr motivierend sind. Fehlerfreundlichkeit kann so erlebt werden. Apps sind in der Lage, einen Sachstand ohne Wertung oder (Vor-) Verurteilung darzustellen. Das erleben Schüler*innen als angenehm. Apps wie z.B.Bettermarks, die Wissen vermitteln, passende Aufgaben erteilen, Schüler*innen üben lassen, ein Ergebnis feststellen und im Anschluss daran die Lernenden hinsichtlich Wiederholung von Stoff oder zum Erlernen von neuem Stoff beraten, lassen Schüler*innen die Möglichkeit, unabhängig von Lehrkräften zu lernen.

Kompetenzen „Analysieren“ und „Reflektieren“

Für die Erweiterung der Kompetenzen„Analysieren“ und „Reflektieren“können die Schüler*innen die vielfältigen Angebote zur Erstellung von multimedialen Portfolios nutzen, eigene Filme oder Tutorials gestalten und ihre Erkenntnisse präsentieren. Ein mobiler Green Screen, Kameratechnik, Aufnahmegeräte, Schneideprogramme bis hin zum Großformatdrucker stehen zur Verfügung, um die erarbeiteten Inhalte kreativ zu präsentieren und die erworbenen Kompetenzen sichtbar zu machen. Diese Ergebnisse können dann in z.B. in einer Dropbox anderen in der Schulgemeinschaft zur Verfügung gestellt werden.

Das voneinander Lernen ist die Institution Schule traditionell nicht gewohnt. In Netzwerken zu arbeiten, sich mit den unterschiedlichen Wissensständen gegenseitig zu bereichern und dadurch gemeinsam zu einer guten Arbeit zu gelangen – dies ist ein Zustand, für den Schule bisher nicht vordergründig stand. Im beruflichen Kontext ist das in vielen Bereichen schon lange Praxis. Eine große Chance des digitalen Wandels ist es, dass die Kür nicht mehr ist, alles allein erarbeitet zu haben. Wobei auch bisher dies nicht ganz der Richtigkeit entspricht: basieren doch viele wissenschaftliche Abhandlungen oder Erkenntnisse für praktische Berufe auf den Gedanken von Vordenkern, Visionären oder Experten. Die Chance und die Aufforderung zur Kooperation und zur Kollaboration werden die Schüler*innen befähigen, in ihren zukünftigen Berufen, in denen zunehmend in multiprofessionellen Netzwerken gearbeitet werden wird, Erfolge zu erzielen. In Blogs, in Foren, in E-Portfolios, unterstützt durch Apps wie Trello oder Wunderlist lernen sie, gemeinsame Projekte zu planen, Arbeitsteilungen zu verabreden, Kompetenzen anderer anzuerkennen und ihre eigenen einzusetzen, Zeitpläne einzuhalten und den gemeinsamen Erfolg (oder auch die gemeinsame Niederlage) zu verzeichnen. Teamarbeit und eigenständiges Arbeiten sind so digital parallel erlebbar. Feedbackregeln für solche Formate helfen, auf konstruktive Art und Weise Kritik zu üben.

Digitale Medien und Anwendungsmöglichkeiten können hervorragend die Planungs-, Bearbeitungs-, Präsentations- und Reflexionsprozesse unterstützen.

einsatz digitaler medien im Unterricht

Abbildung: Maike Schubert

Nicht zu unterschätzende Wirkungen aus sozialpädagogischer Sicht

Ein weiterer großer Vorteil einer digitalen Lernumgebung ist, dass die Schüler*innen unabhängig vom Ort, an dem sie sich befinden, auf diese zugreifen können. Mit Blick auf Absentismus ermöglicht dies, dass Schüler*innen,die nicht in der Schule anwesend sind (oder sein können), in einen Lernprozess eintreten und über digitale Kommunikation fachliche Begleitung erhalten können.

Schüler*innen, die zwischenmenschliche Schwierigkeiten haben, wie z.B. Hemmungen, sich vor Gruppen zu äußern, kommt das Lernen mit den digitalen Möglichkeiten ebenso entgegen. Andere zwischenmenschliche Störungen, wie gefühlt oder tatsächlich von Lehrkräften nicht gemocht zu werden, sind mit digitalen Medien nicht gegeben.  Das ergibt die Möglichkeit, im Lernprozess unabhängig arbeiten und den Störungen ein wenig aus dem Weg gehen zu können. Sie können (und sollten) v.a. in anderen Settings als im Unterricht zur Sprache kommen und geklärt werden.

Das sind anfänglichen soziale Erkenntnisse, die beobachtet wurden. Diese werden in der Zukunft weiter betrachtet und analysiert.

Gelingensbedingungen

In dem Prozess, der mittlerweile 4 Jahre andauert, wurde deutlich, was aus unserer Sicht für jeden Veränderungsprozess einer Schule nötig ist:

  • Partizipation aller an unserer Schule (Schüler*innen, Lehrkräfte, Eltern), sowohl bei relevanten Entscheidungen als auch am Prozess, der diesen vorausgeht.
  • Das Eingehen auf unterschiedliche Kompetenzen in der und Haltungen zur digitalen Bildung, ohne das Ziel des digitalen Wandels in Frage zu stellen.
  • Netzwerkarbeit – ob die Kooperationspartner vor Ort, die Twitter - Gemeinschaft, die Netzwerke, in denen wir Kontakt zu anderen Schulen haben, der IT Spezialistund viele mehr -diese Kontakte mit den verschiedenen Impulsen sind essentiell und lassen die Entwicklung nicht stagnieren.
  • Engagement der pädagogischen Fachkräfte der Schule, sich auch im Selbstlernprozess dem digitalen Wandel anzunähern.

 

Mehr über die Schule erfahren

 

die Freiherr-vom-Stein-Schule in Neumuenster. Aussenansicht.

Die Freiherr-vom-Stein-Schule in Neumünster.
Aussenansicht. | Foto: Barth


Ein Beitrag von Stefanie Grams, Stadt Neumünster, Fachdienst Schule, Jugend, Kultur und Sport (40), Abteilung Kinder- und Jugendarbeit (40.4), Schulsozialarbeit

Veröffentlicht am 17.03.17

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Wie sagte schon Bacon: „Wissen ist Macht!“
*Francis Bacon, 1561 - 1625, Philosoph & Jurist
 

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