Federfussball
Federfußball kam, sah und siegte. Beim Deutschen Turnfest 1990 in Bochum und Dortmund stellte „Entdecker“ Peter von Rüden das rasante Rückschlagspiel erstmals einer breiten Öffentlichkeit vor. Bei einer Chinareise hatte der Ingenieur aus Hagen Ende der 80er Jahren das Mannschaftsspiel kennen gelernt und den Federfußball anschließend technisch weiterentwickelt.
Das kleine Sportgerät misst kaum mehr als zwölf bis 15 Zentimeter, bringt mit 15 Gramm nicht einmal das Gewicht eines Riegels Schokolade auf die Waage. Der Federfußball, in Fachkreisen auch „Inn“ genannt, besteht aus einem etwa Fünfmarkstück großen federnden Gummifuß, in den vier halbe Federn eingelassen sind. Gespielt wird mit zwei Mannschaften zu je drei Spielern auf einem Badmintonfeld. Das Regelwerk entspricht im Wesentlichen dem des Volleyballs, mit Ausnahme der Tatsache, dass insgesamt vier Ballberührungen pro Team erlaubt sind und der Ball ausschließlich mit Fußballtechniken über das Netz gespielt werden darf.
Eine Mannschaft besteht aus maximal sechs Spielern, von denen sich drei zeitgleich auf dem Spielfeld befinden. Nur die Mannschaft mit Aufschlagrecht kann Punkte erzielen. Ein Satz geht über 21 Gewinnpunkte. Es wird solange verlängert, bis eine Mannschaft mindestens zwei Punkte Vorsprung besitzt. Es gewinnt die Mannschaft, die zuerst zwei Sätze für sich entschieden hat. Bevor eine Mannschaft den Ball in die Hälfte des Gegners spielt, darf der Ball von den drei Spielern zusammen maximal viermal berührt werden. Kein Spieler darf den Ball mehr als zweimal hintereinander berühren. Der Ball darf weder mit der Hand noch mit dem Arm berührt werden. Ein Spieler, der den Ball mit dem Kopf berührt, muss sich außerhalb der Beschränkungslinien befinden. Die Spieler der aufschlagenden Mannschaft wechseln ihre Positionen im Uhrzeigersinn immer dann, wenn sie das Aufschlagrecht zurückerhalten haben. Das Berühren des Netzes durch einen Spieler ist verboten. Kein Körperteil eines Spielers darf sich in der Spielfeldhälfte des Gegners befinden. Das Betreten der Aufschlaglinie hat den Verlust des Aufschlagrechtes zur Folge. Berührt der Ball ein Hindernis, bedeutet dies ebenfalls den Verlust des Aufschlagrechtes. Bleibt der Ball allerdings im Netz hängen, wird der Aufschlag wiederholt. Fällt der Ball in der eigenen Spielfeldhälfte auf den Boden oder wird der Ball mehr als viermal berührt, wird auf Aufschlagverlust entschieden beziehungsweise bei Aufschlag des Gegners auf Punktgewinn für die gegnerische Mannschaft Ein Regelverstoß führt zum Aufschlagverlust beziehungsweise für die Mannschaft, die nicht im Aufschlagrecht ist, zum Punktverlust.
Die Wurzeln des Federfußballs liegen im asiatischen Raum. Vorläufer des Rückschlagspiels wurden in China bereits nachweislich vor mehr als 3000 Jahren ausgeübt. Man nimmt an, dass Federfußball aus dem T´su Chu, einem Ballspiel, das dem heutigen Fußballspiel ähnlich ist, abgeleitet wurde. Wenn man historischen Zeugnissen Glauben schenken darf, dann erreichte T´su Chu seine größte Ausbreitung während der T´ang Dynastie von 618 bis 960 vor Christus. Dabei unterschied sich das ursprüngliche Sportgerät ganz wesentlich von dem heutigen: Blei und Zinn wurden als Untersatz benutzt und darein Hühnerfedern gesteckt.
Die Tatsache, dass Federfußball sowohl alleine als auch in Gruppen, noch dazu auf engstem Raum und ohne großen organisatorischen Aufwand gespielt werden kann, sorgte schnell für eine flächenmäßige Ausbreitung dieser inzwischen überaus populären Sportart im gesamten asiatischen Raum. Heutzutage ist das Rückschlagspiel vor allem in China weit verbreitet. Sportler jeden Alters, von groß bis klein, von jung bis alt, von 8 bis 80 Jahren, üben sich im Umgang mit dem kleinen Sportgerät. Seit Anfang der 80er Jahre wird Federfußball im „Reich der Mitte“ offiziell als Mannschaftssport in Vereinen und an Schulen angeboten. Zurzeit fördert die Volksrepublik China typische chinesische Sportarten im Rahmen eines speziellen Förderprogramms. Federfußball ist eine von ihnen. Und so erlebt das Rückschlagspiel momentan im „Reich der Mitte“ einen wahren Boom – und dies gleichermaßen als Freizeitspaß, Mannschaftssport und bei Artistik-Wettbewerben.
So auch in Deutschland: Schon im Vorfeld des Deutschen Turnfestes 1990 hatte Peter von Rüden mit einer Handvoll Aktiven, die sich überwiegend aus dem Freundes- und Bekanntenkreis rekrutierten, im Februar 1990 Aufnahme in die Badminton-Abteilung des VfL Eintracht Hagen gefunden. Diese "Keimzelle“ des europäischen Federfußballs sollte in jeglicher Hinsicht für die Entwicklung des Federfußballs in Deutschland eine Vorreiterfunktion einnehmen. Denn bei den ersten deutschen Meisterschaften 1990 in Hagen stellten die Volmestädter in der Besetzung Volker Weil, Thomas Borschel, Christoph Deters, Anja von Rüden und Michael Nölle auch gleich den ersten nationalen Titelträger.
Im März 1992 wurde beim VfL Eintracht die erste eigenständige Federfußball-Abteilung in Europa aus der Taufe gehoben. Aus dieser Gruppierung ging zuvor mit dem FFC Hagen, der am 1. September 1991 offiziell aus der Taufe gehoben wurde, auch der erste Federfußball-Verein in Europa hervor. Hintergrund waren dabei nicht etwa interne Zwistigkeiten, sondern allein sportliche Überlegungen. Denn für die geplante Einführung eines Spielbetriebes, war es wichtig, über möglichst viele konkurrierende Vereine zu verfügen.
Dank der Pionierarbeit von Peter von Rüden feiert Federfußball auch im benachbarten europäischen Ausland seinen Einzug. So sind derzeit Vereine und Gruppierungen in Finnland, Frankreich, Griechenland und Ungarn aktiv. Erste sportliche Gehversuche in Sachen Federfußball werden ferner in Polen, Holland, Rumänien, Irland, Dänemark und der Schweiz unternommen, obwohl es dort derzeit noch an den organisatorischen Grundstrukturen mangelt.
Ganz anders in Ungarn. Die Magyaren lernten das Spiel – wie könnte es anders sein – von Peter von Rüden kennen. 1992 wurde in Újszász mit der Hungarian Shuttlecock Association (HSA) ein ungarischer Dachverband gegründet, der 1995 erstmals eine nationale Meisterschaft ausschrieb. Seit 1996 richtet die HSA jährlich die Hungarian Open, die Internationalen Ungarischen Meisterschaften, aus. Derzeit sind mehr als 300 Aktive in 14 Vereinen organisiert. Damit avanciert Ungarn neben Deutschland zur führenden Nation im europäischen Federfußball.
Am 11. November 1999 schließlich wurde im vietnamesischen Hanoi die International Shuttlecock Federation (ISF), der Internationale Federfußball Verband, ins Leben gerufen. Neben Deutschland, Ungarn und Holland gehören China, Vietnam, Laos, Taiwan und Hongkong, das trotz Zugehörigkeit zu China einen eigenen Dachverband besitzt, zu den Gründungsmitgliedern. Zum Präsident wurde Dai Wenzhong (China) ernannt, als Vizepräsidenten Peter von Rüden (Deutschland), Ha Kha Luan (Vietnam) und Janos Feher (Ungarn) gewählt. Im Jahr 2000 richtet der ISF in Ungarn die ersten Weltmeisterschaften aus. 2001 fanden diese in China und 2002 in Hagen in Deutschland vor ausverkauften und den surrenden Kameras von fünf Fernsehanstalten statt. 2003 ermitteln die weltbesten Federfußballer dann in Hongkong ihre Titelträger, während in Bochum die Europameisterschaften über die Bühne gehen.
Fotos & Text: Karsten-Thilo Raab
Informationen:
Deutscher Federfußball-Bund (DFFB), Harkortstraße 29, 58135 Hagen, Telefon 02331-404145, Fax 02331-407545, Email: info@federfussballbund.de oder ffc@hagen.de, Internet:
www.deutscher-federfussballbund.de
www.federfussball.de (Ballverkauf etc.)
International Shuttlecock Federation: www.shuttelcock-federation.org