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Interview mit Thomas Eberle, Professor für Erziehungswissenschaft

20. November 2017

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Prof. Dr. Willy Kriz und Prof. Dr. Thomas Eberle haben das Planspiel für das Wissensmagazin „Erde an Zukunft“ in Workshops mit „Entwicklerkindern“ - wie der Erziehungswissenschaftler Eberle sie nennt – konzipiert. Auch die Erfahrungen aus der Zusammenarbeit sind eingeflossen: Vorstellungen der Kinder, individuelle Werte, Erfahrungen aus ihrer Lebenswelt und aus ihren Recherchen über ein Zusammenleben in der Stadt waren wichtig. Im Spiel selbst können die jeweils spielenden Kinder Entscheidungen treffen und bestimmte Themen priorisieren. Dies erfolgt durch Investitionen in verschiedene Bereiche und durch die Formulierung von Gesetzen, die wiederum Regeln des Zusammenlebens festlegen.

Wie genau muss man sich das Planspiel vorstellen, das Sie mit den Kindern und Jugendlichen erarbeitet haben?

In mehreren Spielrunden bauen Kinder oder Jugendliche eine Stadt der Zukunft. Sie übernehmen die Rolle von Stadträtenund treffen Entscheidungen. Dabei soll sich die Lebensqualität für die Einwohner der Stadt möglichst gut entwickeln. Die neun Lebensbereiche Gesundheit, Nahrung, Sicherheit, Umwelt, Wohlstand, Bildung, Erholung/Spiel/Freizeit, Arbeitsplätze und Gemeinschaft stehen für wichtige Werte und Bedürfnisse, die die Bürgerinnen und Bürger haben. Am Spielbeginn sind alle diese Bereiche nur gerade ausreichend gut vorhanden. Die Lebensqualität ergibt sich aus dem Durchschnitt aller neun Lebensbereiche. Sie zeigt an, wie zufrieden die Einwohner insgesamt sind.

Die Lebensqualität soll natürlich möglichst hoch sein.Je nach den Entscheidungen der Spielerentwickeln sich diese Bereiche unterschiedlich. Im Planspiel werden die Folgen von Investitionen und Entscheidungen über die Art des Zusammenlebens simuliert und berechnet. Die Spieler erhalten Rückmeldungen über die verschieden Lebensbereiche sowie die Lebensqualität und erhalten den jeweiligen Etat für die Folgerunde auf Basis der Entwicklung der Bevölkerung, der Arbeitsplätze etc.

Ereignisse mit Bezügen zu interkulturellem Zusammenleben, Globalisierung, aktueller und zukünftiger Entwicklung(z.B. Flucht, Terror, Umweltfolgen, Migration von Arbeitskräften, internationale Großveranstaltungen)können positive oder negative Folgen für die Indikatoren und die Entwicklung haben. Auch der Umgang mit diesen Ereignissen hat wiederum Konsequenzen.

Was sind die Handlungsansätze, was die Intention des Spiels?

Wir gestalten handlungsorientierte Lernumgebungen, in denen Teilnehmer möglichst zeitnah Rückmeldungen über das konkrete Verhalten, die getroffenen Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Teams erhalten. Diese Rückmeldungen entstehen sachlich durch die jeweilige Situation, in der die Teilnehmer bzw. Spieler handeln.Planspiele simulieren die Wirklichkeit und machen somit konkrete Erfahrungen in komplexen Zusammenhängen möglich.

Beispielsweise waren für die „Entwicklerkinder“ im konkreten Spiel eine „grüne“ Stadt mit Naturflächen und Umweltschutz (beispielsweise Plastikvermeidung) wichtig, ebenso Bildung. Ein weiteres Ziel war, die Stadt für möglichst viele Personen mit verschiedener Herkunft, Religion, Freizeitorientierung lebenswert zu machen.

Wir haben den Kindern viel zugetraut – diese Erwartungen wurden mehr als erfüllt. Die Kinder hatten gute und konkrete Vorstellungen, wie sich ein friedliches Zusammenleben regeln lässt, welche Bedürfnisse unterschiedliche Bewohner haben. Sie haben zudem Vorschläge zur Gestaltung des Spiels gemacht, die wir vielfach übernommen und so weit als möglich umgesetzt haben.

Weitere Rückmeldungen kommen von parallel spielenden Gruppen, die die Städte der jeweils anderen besuchen und als Touristen oder mögliche Arbeitskräfte überlegen, inwieweit die jeweilige Stadt für sie lebenswert wäre.

Worin liegt Ihres Erachtens die Chance, den Umgang mit kultureller Vielfalt und Integration spielerisch (in einem Planspiel) anzugehen?

Spielerisch kann einerseits erprobt werden, was im richtigen Leben lange Zeit braucht. Folgen werden sichtbar. Diese Folgen sind an faktischen Zusammenhängen in der Realität orientiert und bilden die Basis für die Rückmeldungen. Alle Kinder, mit denen wir die Prototypen erprobt haben, hatten angesichts der Rückmeldungen oft kritische Nachfragen über Auswirkungen. Die Rückmeldungen und die Nachfragen über Zusammenhänge (z.B. ein sinkender Umweltindikator trotz Investitionen in Parks und öffentlichen Verkehr – Grund war eine intensive Bautätigkeit einschließlich der Bau eines Flughafens) bieten eine gute Möglichkeit, komplexe Zusammenhänge zu erkennen und zu vertiefen.

Die Spielleiter werten zudem Entscheidungen über Regeln hinsichtlich ihrer Wirkung auf die verschiedenen Lebensbereiche aus.Die Kinder haben somit vielfache Lerngelegenheiten. Im Spiel und in nachgelagerten Reflexionsphasen können Sie Fragen, Erkenntnisse und Zusammenhänge vertiefen.

An wen richtet sich das Planspiel? Wie kann es eingesetzt werden?

Zielgruppe sind insbesondere Schüler der 5. bis 8. Klassen. Das Planspiel soll und wird von Personen, die auf der Basis von Spielanleitungen und Hintergrundinformationen sowie pädagogisch-didaktischen Kenntnissen mit Gruppen von Kindern und Jugendlichenarbeiten, angeleitet werden.Insofern richtet sich das Spiel an Lehrkräfte unterschiedlicher Fächer, Pädagogen und weitere Personen, die mit Kinder- und Jugendgruppen arbeiten. Darüber hinaus ist geplant, Multiplikatoren mit Planspielerfahrung zu vermitteln.

Zusammen mit KiKA haben wir geplant, die Unterlagen kostenfrei zur Verfügung zu stellen und den Materialaufwand möglichst niedrig zu halten. Dies wird unter anderem durch die Möglichkeit, auf Basis von Anleitungen Materialien selbst zu erstellen und Standardspielfiguren einzusetzen, realisiert.


Die am Planspiel beteiligten Professoren:

Prof. Dr. Thomas Eberle, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Prof. Dr. Willy Kriz, Fachhochschule Vorarlberg

Veröffentlicht am 20.11.17

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Wie sagte schon Bacon: „Wissen ist Macht!“
*Francis Bacon, 1561 - 1625, Philosoph & Jurist
 

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