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5 Fragen – 5 Antworten - Heute mit Lisa Reinheimer

26. April 2021

Frau Reinheimer, würden Sie sich bitte unserer Leserschaft einmal kurz vorstellen?

Sehr gerne, Herr Heidrich. Ich bin Lisa Reinheimer, Lehrerin und Gründerin von Klassenheld. In meinem Podcast zeige ich Eltern Möglichkeiten auf, wie sie ihre Kinder durch eine schöne Schulzeit begleiten können. Ich kombinieren dabei Methoden aus dem Lerncoaching und der Persönlichkeitsentwicklung und mache die „Spielregeln“ des Spiels „Schule“ transparent. Arbeitserfahrung sammelte ich an verschiedenen Schulen in Deutschland, Hong Kong und Singapur. Aktuell arbeite ich an einer Montessori Schule und gehe mit „Klassenheld“ dafür los, dass mehr Kinder eine glückliche Schulzeit erleben und die Schule gestärkt verlassen. 

Die digitale Lernplattform Preply hat eine Studie herausgegeben, in der die aktuellen Voraussetzungen für erfolgreiches E-Learning und digitale Bildung in 30 OECD-Ländern untersucht wurden. Deutschland belegt dabei nur den mittelmäßigen dreizehnten Platz. Warum hinkt Deutschland auch hier einmal mehr wieder hinterher?

In meiner bisherigen Erfahrung als Lehrkraft an Regelschulen in Deutschland habe ich das Schulsystem als sehr starr erlebt. Die Offenheit gegenüber neuen Möglichkeiten und die Bereitschaft für Veränderungen fehlen. Die Ursachen dafür sind mit Sicherheit vielfältig. Gleichzeitig sehe und höre ich immer wieder von großartigen Lehrkräften, die im Kleinen Dinge verändern und für ihre Klasse Möglichkeiten schaffen. Sie fragen sich nicht: „Darf ich das? Geht das? Hat das schon einmal jemand so gemacht?“, sie schauen sich die aktuelle Herausforderung hier Klasse an und suchen Lösungen dafür. 

Die wohl größte Herausforderung des digitalen Distanzunterrichts ist die fehlende soziale Nähe. Gibt es dazu aus Ihrer Sicht Empfehlungen/Handlungsweisen, wie in diesen schwierigen Zeiten eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung aufrechterhalten werden kann?

Kinder lernen besser mit Menschen, die sie mögen. Deswegen ist eine gute Beziehung zu den Schülerinnen und Schülern für mich der Schlüssel für Lernerfolg. Gerade im Distanzunterricht ist es die Verantwortung von uns Lehrkräften dafür zu sorgen, dass diese Beziehung nicht leidet. Im Gegenteil - vielleicht können wir ganz bewusst sogar den Fokus darauflegen. Viele Kinder leben mit Risikopatienten in einem Haushalt und haben ihre Freunde seit Wochen nicht mehr gesehen. Lehrkräfte können bei Videokonferenzen sogenannte „Break out Rooms“ einrichten. So teilt man eine Klasse in Kleingruppen auf und die Kinder können sich in einem geschützten Raum einfach einmal austauschen. Klassenheld-Eltern berichten mir vermehrt, dass die Videokonferenz sehr frontal ablaufen. Das finde ich schade und ist eigentlich ein Schritt rückwärts. Auch im Onlineunterricht kann soziales Lernen und spielerisches Lernen stattfinden. Dann finde ich es wichtig, dass sich jedes Kind auch online „gesehen“ fühlt. Das erreichen Lehrkräfte, indem sie darauf achten, jedes Kind einmal mit dem Namen angesprochen zu haben. Ein Anruf mit der ehrlichen Frage „Sag mal, wie gehts dir?“ kann Nähe aufbauen. Und mein letzter Punkt: Feedback geben. Viele Eltern berichten mir, dass manche Lehrkräfte immer nur Aufgaben stellen, aber keine Rückmeldung geben. Das demotiviert die Kinder. Im Gegenzug motiviert es, wenn sie auf eine digital eingereichte Aufgabe eine Antwort bekommen, die Wertschätzung ausdrückt: „Ich habe gesehen, wie viel Mühe du dir gemacht hast!“

Nach einem Jahr Corona-Unterricht machen sich viele Eltern Sorgen um die Bildung ihrer Kinder. Gibt es Grund, beunruhigt zu sein?

Ich verstehe, dass viele Eltern sich Sorgen machen. Pauschal kann ich dazu nichts sagen. In meinen Coachings arbeite ich mit Eltern aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mein Eindruck: Corona-Unterricht findet von Schule zu Schule, manchmal sogar von Lehrkraft zu Lehrkraft anders statt. Mit Sicherheit haben manche Kinder oder Jugendliche während des Distanzunterrichts „weniger“ gelernt. Das „weniger" beziehe ich ganz bewusst nur auf den Schulstoff. Denn für das Leben haben sie mit Sicherheit viel gelernt. Wiederum andere Kinder konnten sich beim Lernen Zuhause viel besser konzentrieren, konnten ihre Aufgaben fokussierter erledigen und haben neue Begeisterung gefunden. Das kommt ganz darauf an, wie die Rahmenbedingungen für das Lernen Zuhause gestaltet sind. Und hier haben leider nicht alle Kinder die gleichen Chancen und Möglichkeiten. Das ist meiner Meinung nach das größte Problem, über das wir uns Sorgen dürfen: Was passiert mit den Kindern, die Zuhause in einem Umfeld leben müssen, wo rein gar nicht an Lernen zu denken ist?

Als Lehrkraft kann ich die Mehrheit der Eltern gerne beruhigen: Lernstoff kann Ihr Kind jederzeit nachholen. Was sich nicht so einfach reparieren lässt, ist eine gesunde Eltern-Kind-Beziehung. Und die ist Voraussetzung, dass Lernen überhaupt funktioniert. 

In der Schule steht die Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern im Vordergrund, leider auch für viele Lehrerinnen und Lehrer. Schule ist aber nicht in erster Linie eine Wissensvermittlungsanstalt. Das Eigentliche, was man in der Schule lernt, ist Balance in sozialen Beziehungen. Sollte sich nicht Schule vielmehr als eine Form der Vorbereitung aufs weitere Leben verstehen?

Ich glaube, Schule versteht sich als Vorbereitung auf das weitere Leben. Ich frage mich nur, auf welches Leben? Schule stand schon immer vor der Herausforderung mit einem System und mit Methoden von gestern, Kinder heute auf die Zukunft vorzubereiten. Schon heute und erst recht in der Zukunft brauchen wir Menschen, die lebenslang Freude am Lernen haben. Wir brauchen Menschen, die emphatisch mit anderen agieren und klar kommunizieren können. Wir brauchen Menschen die auf komplexe Herausforderungen, innovative und kreative Lösungen finden. Und wir brauchen Menschen, die achtsam mit sich selbst, ihren Mitmenschen und unserer Umwelt umgehen. Bis Schule sich weiterentwickelt, dürfen Eltern Lösungen suchen, wie sie im Privaten Rahmenbedingungen schaffen, durch die ihre Kinder diese Zukunftskompetenzen mitnehmen. Das ist in der Umsetzung gar nicht so schwer und ist Teil meiner täglichen Arbeit mit Eltern. 

Wie sollten Eltern agieren in Zeiten von Homeschooling und Homeoffice und welche Fehler sollten unbedingt vermieden werden?

Auch hier gibt es keine Pauschalantworten, denn jedes Kind lernt anders. Generell finde ich es wichtig, den Druck rauszunehmen und stattdessen Freude und Leichtigkeit ins Lernen zu bringen. Einen positiven Umgang mit Fehlern finde ich ebenfalls wichtig für das Erfahren von Selbstwirksamkeit. Denn Fehler gehören zum Lernprozess dazu. Wir lernen aus Fehlern. Ein Beispiel: Ein Kind zeigt stolz seine erledigten Homeschooling-Aufgaben. Ein Elternteil schaut drüber und entdeckt gleich den ersten Fehler. Statt zu sagen „Da hast du etwas falsch gemacht!“, kann man das Kind ermutigen, sich die Aufgabe noch einmal anzuschauen. So hat das Kind die Chance, seine Fehler selbst zu verbessern. Das stärkt sein Selbstvertrauen.

 

Eltern können auf meiner Website www.klassenheld.com einen kostenfreien "Homeschooling Survival Guide downloaden- 10 Überlebensstrategien fürs Homeschooling. Kostenlose Anregungen findet man in meinem Podcast und auf Instagram & Facebook! https://klassenheld.com/linktree/

Kategorie:
Veröffentlicht am 26.04.21

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Wie sagte schon Bacon: „Wissen ist Macht!“
*Francis Bacon, 1561 - 1625, Philosoph & Jurist
 

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