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Ausbildung dual — Erfolgsmodell oder nicht ganz so genial?

11. Dezember 2015

In dem Beitrag der Welt am Sonntag vom 22.02.2015 zum Thema "Die vergessenen Schüler" wird das viel gepriesene und hochgelobte System der dualen Ausbildung in Deutschland kritisch hinterfragt und dabei auch deutliche Mängel aufgezeigt. Zu wenig Geld, unzureichende technische Ausstattung sowie zu wenig Lehrer besonders im MINT-Bereich sind nur einige der aufgeführten Schwachstellen. Ausbildung dual - Erfolgsmodell  oder nicht mehr ganz so genial?

Wir sprachen mit Eugen Straubinger, dem Vorsitzendem des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen e.V. (BLBS)

Eugen Straubinger

In dem Beitrag der Welt am Sonntag vom 22.02.2015 zum Thema „Die vergessenen Schüler“ wird das viel gepriesene und hochgelobte System der dualen Ausbildung in Deutschland kritisch hinterfragt und dabei deutliche Mängel aufgezeigt. Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema?

Die Qualitätsfrage der dualen Berufsausbildung im Wesentlichen auf den Bereich der Berufsschule zu konzentrieren, greift zu kurz. Aus der Durchfallquote der Kammerprüfung, die vor allem den betrieblichen Teil der Ausbildung abbildet, Rückschlüsse auf den Unterricht der Berufsschule zu ziehen, stellt einen verkürzten Sachzusammenhang her. Auch die Darstellung in dem Bericht, dass die Berufsschulen keinerlei Qualitätskontrollen unterliegen, entspricht nicht den Tatsachen. Die beruflichen Schulen sind – wenngleich mit unterschiedlicher länderspezifischer Ausprägung – in Qualitätsentwicklungssysteme (wie z.B. ISO, EFQM, OES…) eingebunden, die auf eine Steigerung der Unterrichtsqualität abzielen.

Eine einseitige Abwälzung der Problemlage zu Lasten der Berufsschule, wie nach unserer Wahrnehmung in dem Bericht geschehen, wird die Berufsschule in der dualen Berufsausbildung in der öffentlichen Wahrnehmung weiter abwerten und eine falsche Botschaft gesendet.

Lehrermangel - hier besonders in den MINT-Fächern -, veraltete Ausstattung sowie fehlende Qualitätskontrollen untergraben das Niveau der Ausbildung. Was läuft falsch in unserem Land? 

Die Lehrerausbildung in den MINT-Fächern darf nicht das 5. Rad am Wagen der Universitäten bleiben und MUSS verbessert werden. Das Lehrer Forum MINT, in dem der BLBS vertreten ist, fordert daher:

  • Die Universitäten müssen ein attraktives, wissenschaftlich fundiertes und auf die beruflichen Anforderungen angemessen vorbereitendes Lehramtsstudium anbieten.
  • Zu Beginn des Studiums sollte eine Tauglichkeitsprüfung für das Lehramt eingeführt werden; begleitet von Feedbackgesprächen während des Studiums.
  • Die Studienorganisation muss verbessert werden.
  • Mehr Praxisbezug in der Ausbildung ist dringend erforderlich.
  • Der Fachdidaktik muss ein höherer Stellenwert eingeräumt werden.
  • Die Ausbildungsphasen I (Universität), II (Referendariat) sowie III  (Berufseinstieg) müssen besser verzahnt werden.

Die Politik rühmt sich mit einer gestiegenen Zahl von Studienanfängern an unseren Hochschulen, während die Unternehmen über das sinkende Niveau ihrer Bewerber klagen und sich aus der Ausbildung zurückziehen. Wie muss hier gegengesteuert werden?

Der Fachkräftemangel wird nicht mit einer weiteren Akademisierung behoben, wie die OECD sie für Deutschland fordert. In Deutschland sind die Aufstiegschancen über die berufliche Bildung, die einen hervorragenden Ruf genießt, deutlich besser als in den anderen Ländern der OECD. Die berufliche Bildung ist ein qualitativ hochwertiges Fundament, auf dem jeder Jugendliche aufbauen kann.

Jedem Jugendlichen - unabhängig vom Wohlstand des Elternhauses - steht es offen, über den Abschluss in der dualen Ausbildung an der Berufsschule oder der Berufsfachschule an die Meister- oder Technikerschule und auch zum Studium zu gelangen.

Diese Informationen müssen durch Politik, Wirtschaft und Medien noch mehr vermittelt werden, um den sinkenden Niveau der Ausbildungsbewerber entgegenzuwirken.

Auch die Auszubildenden selbst sind lt. Ausbildungsreport 2014 des DGB mit ihrer Berufsschulzeit nicht sonderlich zufrieden und geben dafür u.a. Mängel in der Ausstattung an. Ist hier mehr finanzielle Unterstützung der Schlüssel zum Erfolg?

Auch wir haben uns schon immer kritisch mit Fragen der Qualität, insbesondere mit Blick auf die personelle und sächliche Ausstattung der Berufsschulen auseinandergesetzt. Entsprechend weisen wir mit unseren Forderungen gegenüber den bildungspolitischen Entscheidungsträgern auf Bundes- und Landesebene sowie auf kommunaler Ebene immer wieder auf die Notwendigkeit hin, die erforderlichen finanziellen Mittel bereitzustellen, damit die Berufsschulen ihren Bildungsauftrag im dualen System mit hoher Qualität erfüllen können. Die Berufsschulen brauchen eine angemessene  Personal- und Sachausstattung, um ihren Aufgaben gerecht werden zu können. Hierfür ist ein guter finanzieller Rahmen der Schlüssel zum Erfolg. Leider ist die finanzielle Situation in den einzelnen Bundesländern so unterschiedlich, dass die Aufgaben gut oder weniger gut wahrgenommen werden können.

Wie sollten Berufsschulen in 20 Jahren aussehen, wo setzen Sie hier die Schwerpunkte?

    • Schluss mit der personalen Unterbesetzung an beruflichen Schulen durch Imageverbesserung des Lehrerberufes und durch wirksame Anreizsysteme und Attraktivitätssteigerung für das Lehramt an beruflichen Schulen!
    • Bedarfsgerechte und dem technologischen Fortschritt angepasste  Ausstattung beruflicher Schulen mit Lehr- und Lernmitteln!
    • Erhalt und Ausbau des breiten Bildungsangebots des beruflichen Schulwesens!
    • Eine stärkere internationale Einbeziehung in organisatorische und  inhaltliche Kooperationen (z.B. bei der Durchführung von länderübergreifenden Projekten)!
    • Eine bundesweit reibungs- und verlustfreiere Verzahnung des beruflichen Bildungssystems an den Übergangsstellen mit den Systemen der allgemeinen und der akademischen Bildung!
    • Schulleitungen als pädagogische Führungskräfte anerkennen und auf die Aufgabe zur Förderung von Lern- und Bildungsprozessen vorbereiten.
    • Besseres Unterstützungssystem bereitstellen, um die Herausforderungen einer zeitgemäßen Führungsaufgabe annehmen zu können.
Veröffentlicht am 11.12.15

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Wie sagte schon Bacon: „Wissen ist Macht!“
*Francis Bacon, 1561 - 1625, Philosoph & Jurist
 

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